Russland macht Tempo: Digitaler Rubel soll 2023 kommen

28. Mai 2022von 3,2 Minuten Lesezeit

Russland plant, die Einführung von digitalem Zentralbankgeld zu beschleunigen. Schon im April 2023 soll der digitale Rubel in den „echten Geldverkehr“ integriert werden.

Russland beschleunigt die Einführung seiner digitalen Zentralbankwährung. Das gab die russische Nationalbank am Mittwoch bekannt. Begründet wird das erhöhte Tempo mit den westlichen Sanktionen.

Digitaler Rubel ante portas

Ursprünglich hätte die erste Phase des digitalen Rubels im Jahr 2024 abgeschlossen sein sollen. Jetzt soll aber bereits im April 2023 mit der zweiten Phase begonnen werden. In dieser Phase soll der digitale Rubel erstmals in den „echten Geldverkehr“ integriert werden.

Die stellvertretende Vorsitzende der Zentralbank, Olga Skorobogatova, sagte bei einem Treffen mit der Regulierungsbehörde: „Angesichts des Tempos, mit dem wir jetzt vorankommen, gehen wir davon aus, dass wir ab April nächsten Jahres in der Lage sein werden, ein Pilotprojekt mit echten Kunden und echten Geschäften zu starten“, sagt die russische Börsenzeitung „Vedomosti“. Es sei alles auf Spur, um die zweite Pilotphase schon im April 2023 starten zu können.

An der ersten Pilotphase, die im Dezember 2021 abgeschlossen wurde, nahmen 12 russische Banken teil, berichtet Edward Slavsquat. Darunter sind einige Banken, die nun vom Westen massiv sanktioniert sind: Ak Bars, Alfa-Bank, Dom.RF, VTB, Gazprombank, Tinkoff Bank, Promsvyazbank (PSB), Rosbank, Sberbank, SKB-Bank, Soyuz und TKB.

Schon jetzt laufen Transaktionen

Ab Jänner 2022 wurden die ersten Plattformen des digitalen Rubels erprobt. Dazu gehören die Eröffnung digitaler Geldbörsen von Banken aber auch von Bürgern und Überweisungen zwischen Privatpersonen sowie von Privaten an Unternehmen (Bezahlung von Waren und Dienstleistungen). Am 15. Februar transferierten zwei Banken (VTB und PSB) erstmals digitalen Rubel zwischen ihre Kunden. Wenige Tage später wurde mitgeteilt, dass fünf Kreditinstitute das System derzeit testen würden. Die übrigen würden im Zuge der Feinabstimmungen der IT-Struktur angeschlossen werden.

Aktuell arbeitet man auch an der Interoperabilität des digitalen Rubels mit digitalen Währungen anderer Länder. Es soll eine Finanzinfrastruktur werden, die frei von westlichen Interventionen sein kann und ohne SWIFT für bilaterale Finanztransaktionen zu benötigen. Doch dafür baut Russland offenbar an etwas sehr Ähnlichem wie der Westen. Mit all seinen Gefahren. Digitales Zentralbankgeld kann auch der direkte Weg ins digitale Gefängnis sein – nicht nur in Europa oder China, sondern auch in Russland.

„Vedomosti“ beschreibt dies als „Transparenz der Zahlungsbedingungen“:

„Der digitale Rubel wird auch die Transparenz der Zahlungsbedingungen gewährleisten, da er es ermöglichen wird, die gezielte Ausgabe von Geldern durch die Bürger zu verfolgen, so Vertreter der Promsvyazbank, der Sberbank und der Russian Standard Bank.“

Dagegen steht Denis Smirnow, Blockchain-Berater und Kryptowährungsforscher: „Für die Menschen ist die Einführung des digitalen Rubels die Verwirklichung der schrecklichsten Szenarien, die von Science-Fiction-Autoren in Dystopien beschrieben werden.“ Digitales Zentralbankgeld sei das Ende der Privatsphäre und durch den digitalen Rubel würde „absolute Transparenz im Bereich der persönlichen Finanzen herrschen“.

Damit sich Russland von den „unfreundlichen Staaten“ abkoppeln kann, baut man wohl an einem Finanzsystem ohne Privatsphäre und digitaler Kontrolle. Bemerkenswerte Parallelen zum Westen. Der „Off-Guardian“ vergleicht die beiden Supermächte:

„Russland wird CBDCs einführen, um sich vor westlichen Sanktionen zu schützen. Wie auch immer.

Der Westen wird CBDCs einführen und sich dabei auf die Notwendigkeit berufen, gegen die Finanzierung des inländischen Terrorismus vorzugehen, oder auf Patreon-Zahlungen an Leute mit nicht genehmigten Ideen, oder was auch immer. Es spielt keine Rolle.

Es wird keine Rolle spielen, wie die Begründungen lauten werden. Die Vorwände werden anders sein, aber das System wird genau dasselbe sein. Und das System wird für alle scheiße sein.“

Bild wikimedia


Bitte unterstütze unsere Arbeit via PayPal oder Überweisung

Folge uns auf Telegram und GETTR


Mit Zentralbankgeld ins digitale Gefängnis

Ukraine-Krise beschleunigt Einführung digitaler Währungen und Zentralbankgeld

10 Kommentare

  1. Mfey 29. Mai 2022 at 21:35Antworten

    Das Buchgeld, das wir jetzt doch schon überwiegend als Kartenzahlung im Supermarkt, usw. einsetzen, ist doch auch schon digitales und kein analoges Geld. Wenn es darum ginge, die Abhängigkeit staatlicher Finanzierungen von privaten Geldgebern zu beenden, braucht man nur die Kreditschöpfungsmöglichkeiten der Zentralbanken gesetzlich verankern und den Umweg über den Staatsanleihenmarkt beseitigen. Also die monetäre Staatsfinanzierung zu legalisieren,, wie das in Kanada auch der Fall ist. Man müsste zusätzlich das gesamte Zahlungssystem reformieren:
    Strikte Abkoppelung von Investmentbanken, die nur Casinospiele treiben.
    Geschäftsbanken, die sich auf Kreditvergabe in der Realwirtschaft beschränken, sollten von der EZB großzügig bedient werden und nicht mit Strafzinsen gegängelt werden.
    Der Hintergrund der Debatte scheint mir doch darin zu bestehen, dass aufgrund der Verquickung von Investmentbanken und soliden Geschäftsbanken, welche auch noch für den Zahlungsverkehr zuständig sind, Sorgen vor einem erneuten Bankencrash bestehen.
    Die Gewährleistung des Zahlungsverkehrs kann man auch als öffentliche Aufgabe betrachten, die man nicht in private Hände von Banken geben sollte. Dann wäre das Thema Kreditausfall im Interbankenverkehr vom Tisch, ebenso die Diskussion über die vielfach mißverstandenen Target 2 Salden.
    Dennoch sollte das Bargeld auf keinen Fall abgeschafft werden. Das ist die einzige Möglichkeit als Privatperson in den Besitz von Zentralbankgeld zu kommen und unahbängig von Ausfällen des digitalen Zahlungssystems zu werden. Kann man ja zur Zeit häufig beobachten.
    Hätten wir eine demokratische Gesellschaft, bräuchten wir vor dem zentral gesteuerten Digitalgeld keine Angst haben.

    • Andreas I. 29. Mai 2022 at 22:52Antworten

      Hallo,
      „Hätten wir eine demokratische Gesellschaft, bräuchten wir vor dem zentral gesteuerten Digitalgeld keine Angst haben.“

      Nach den letzten zwei Jahren hab e wahrscheinlich nicht nur ich Zweifel, ob die Mehrheit Demokratie will.

  2. Jens Tiefschneider 29. Mai 2022 at 16:58Antworten

    Da bin ich mal gespannt, wie das ausgeht! Die Russen sind nicht so unterwürfig und buckelig, wie die verweichtlichten Westler. Sollte die Russische Regierung irgendwann mal so ne Nummer abziehen, wie Trudeau in Kanada, dann ist da ganz schnell Revolution.

  3. David K. 29. Mai 2022 at 12:49Antworten

    Überrascht mich nicht! Wir sollten endlich einsehen, daß wir von keiner Weltmacht, Regierung oder Politiker unsere Freiheit zurückgewinnen werden. Es geht allen nur um Überwachung, Kontrolle und Versklavung der Bevölkerung. Wir müssen alle Mächtigen los werden und unser Leben eigenverantwortlich führen. Hören wir endlich auf zu glauben, daß andere für uns das tun, was wir gerne hätten.

    Bleibt ungeimpft,
    David

  4. Andreas I. 28. Mai 2022 at 19:04Antworten

    Hallo,
    „… berichtet Edward Slavsquat“

    Wenn man den Text von Thomas Oysmüller gelesen hat und danach auf diese Quelle klickt, meint man zunächst, den selben Text auf Englisch vor sich zu haben.
    Schaut man genauer hin, dann sieht man kleine Änderungen und eine Ergänzung um ein Zitat aus dem Off-Guardian, ansonsten ist es auch bei genauerem Hinsehen der gleiche Text.

    • Thomas Oysmüller 28. Mai 2022 at 19:32Antworten

      Ja, das sind meine beiden Quellen.

      TKP hat doch schon sehr viel zu CBDC publiziert. Deshalb ist es auch wichtig, diese Entwicklung in Moskau zu berichten.

      • Andreas I. 29. Mai 2022 at 21:26

        @ Thomas Oysmüller Hallo,
        es ist eine kleine Formfrage: wenn den Quellen nichts wesentliches hinzugefügt wird, dann ist es m.E. „Text von [XY] Übersetzung von [mir]“ und nicht „Text von [mir]“.
        Das könnte man erwähnen und m.E. sollte man das auf einem Blog wie TKP, und zwar weil auf TKP wissenschaftliche Veröffentlichungen und Meldungen anderer Medien zu Recht kritisiert werden und da sollte man besser selber auch den Ansprüchen gerecht werden.

      • Andreas I. 29. Mai 2022 at 22:39

        p.s.:
        „Deshalb ist es auch wichtig, diese Entwicklung in Moskau zu berichten“

        Die Quelle bzw. dieser Blog ist offensichtlich gegen die russische Regierung eingestellt, der Blog-Autor sagt seine Meinung, trägt aber zumindest in diesem Artikel keine weiteren Informationen zum Thema Digitalwährung bei.
        Unterm Strich bleibt die Meinung eines russischen Regierungsgegners, so weit so gut.
        Das wäre also m.E. eine Quelle, wenn einen interessiert, was die Meinung eines russischen Regierungsgegners zum jeweiligen Thema ist. Das könnte ja auch interessant sein.
        Und würde man die Meinung eines russischen Regierungsgegners verbreiten wollen, dann würde man doch ausdrücklich drauf hinweisen „Das ist die Meinung eines russischen Regierungsgegners zum Thema“. So würde man das doch machen, oder?!

        Wenn einen „diese Entwicklung in Moskau“ betreffend Digitalwährung interessiert, dann interessiert „diese Entwicklung in Moskau“, also keine Meinungen, sondern Informationen, nüchterne Fakten.

        Ich würde es begrüßen, wenn man Informationen und Meinungen so gut wie möglich auseinanderhält und jeweils als solche kenntlich macht.
        Zumal in einem Blog wie TKP, wo zu Recht andere Medien für bestimmte Praktiken kritisiert werden.

    • AB 28. Mai 2022 at 19:42Antworten

      @ Andreas I.

      Ja, beide Artikel stammen von selben Autor, nämlich „Riley Waggaman“ –
      das ist kein Geheimnis.

      @Thomas Oysmüller

      Vielen Dank für den Beitrag.

  5. Jürgen Fritzsch 28. Mai 2022 at 15:58Antworten

    Russland beabsichtigt keines Falls die Abschaffung des Bargeldes und hat auch nie ein Bargeld-Limit eingeführt. Russland beabsichtigt nicht seine Bürger nach und nach zu enteignen. Dazu ist Russland ganz anders gestrickt als der schleimige Westen. Eine westliche Enteignung ihrer eigenen Bürger würde den Verlust des produktiven Mehrwertes bedeuten die die Bürger erwirtschaften. Die westlichen Eliten wären gezwungen, durch einen wirtschaftlichen u. kriegerischen Kampf die Welt neu aufzuteilen, um den weiteren Mehrwert zu garantieren.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

Aktuelle Beiträge