Energietod für die europäische Industrie

15. November 2025von 4,1 Minuten Lesezeit

Energieintensive Industrien in Europa „sterben“ praktisch aus, da steigende Energiepreise, die Flut billiger Waren aus vernünftigen Ländern und die Nebenwirkungen der Klimapolitik ihr Überleben zunehmend erschweren, so die Nationalbank von Belgien.

„In dem energieintensiven Sektor … höre ich im Grunde genommen, dass dieser Teil der Industrie in Europa unter den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen am Sterben ist“, sagte Pierre Wunsch, Gouverneur der belgischen Zentralbank, bei einer Rede im Brüsseler Bruegel-Institut. Ein möglicherweise durchaus geplantes Resultat der EU-Politik wie unabhängige Analysen vermuten lassen.

Die derzeitige Industrie- und Energiepolitik Europas schaffe ein ungesundes Flickwerk an Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen, sagte er.

Regierungen können bestimmten industriellen Verbrauchern Strom subventionieren, aber das System ist chaotisch und ungleichmäßig. Einige Sektoren erhalten Erleichterungen, wenn sie versprechen, ihre Emissionen zu senken, aber es gibt keine einheitliche Vorgehensweise auf dem gesamten Kontinent, sagte Wunsch.

„Unsere Branche steht vor drei Herausforderungen: hohe Emissionsminderungskosten, hohe relative Energiekosten und Überkapazitäten in China“, sagte er und fügte hinzu, dass „grüner“ Strom die Probleme nicht vollständig lösen werde und billigeres Erdgas in den nächsten fünf bis zehn Jahren möglicherweise nur eine vorübergehende Atempause biete.

Seine Äußerungen kommen inmitten der anhaltenden Debatte darüber, wie Europa Industrien erhalten kann, die große Mengen an Energie benötigen, um Waren im Wettbewerb mit Produkten aus China, den USA und anderen Ländern herzustellen – mit billigerer Energie.

Die USA mit ihren reichhaltigen Erdgasvorkommen, niedrigeren Energiekosten und historisch weniger ambitionierten Klimapolitik sind zu einer attraktiven Alternative für Unternehmen geworden, die mit den hohen Strompreisen in Europa zu kämpfen haben.

Wunsch merkte an, dass niedrigere LNG-Preise in Europa es Unternehmen in den nächsten fünf bis zehn Jahren ermöglichen könnten, effizienter zu arbeiten als in den USA.

„Man könnte sagen, dass wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiterhin mit Erdgas arbeiten und dabei eine energieeffizientere Industrie haben als in den USA“, sagte er, warnte jedoch, dass „dies nur eine kurzfristige Lösung ist und keine gute Lösung im Hinblick auf das Engagement“.

Wunsch sagte, Europa könne sich nicht auf vorübergehende Preisvorteile verlassen, um seine industrielle Basis zu erhalten.

Selbst wenn die Unternehmen vorerst bleiben, bedeuteten strukturelle Herausforderungen – hohe Energiekosten, Klimaverpflichtungen und globaler Wettbewerb –, dass energieintensive Industrien ohne gezielte langfristige Politik wahrscheinlich dennoch abwandern würden, wodurch die Emissionen ins Ausland verlagert würden, anstatt sie zu reduzieren.

Wunsch fügte hinzu, dass Europa sich nicht auf die Vorstellung verlassen könne, dass die industrielle Produktion ohne Konsequenzen „irgendwohin“ verlagert werden könne. Die Verlagerung der Produktion möge zwar eine Lösung für lokale Energiekosten- oder Klimaprobleme sein, aber sie verlagere lediglich die Emissionen ins Ausland und berge die Gefahr, die industrielle Basis Europas zu schwächen, sagte er.

„Wenn andere ihren Teil nicht beitragen, werden wir unsere Industrie nicht opfern, damit sie in andere Teile der Welt abwandert und dort weiter Emissionen verursacht“, fügte er hinzu.

In jedem Fall werde Europa wahrscheinlich „viel weniger energieintensive Industrie sehen, oder zumindest wird sie ihren Standort innerhalb Europas wechseln”, schloss Wunsch.

Pierre-Laurent Lucille, Chefökonom des französischen Energiekonzerns Engie, präsentierte Daten aus seinem Bericht „European Energy Outlook” und schätzte die Nettokosten der Klimawende in Europa auf etwa 2 Prozent des BIP.

Er sagte, die Elektrifizierung sei die zuverlässigste langfristige Strategie für die Industrie. Die Elektrifizierung – also der Ersatz fossiler Brennstoffe durch Strom aus kohlenstoffarmen Quellen – könne die langfristigen Kosten und Emissionen erheblich senken.

Allerdings gibt es mehrere Probleme. Für KI und die Tech-Industrie wird jede Menge Strom benötigt:

Manche träumen, man könne so ein Rechenzentrum mit 80 Windrädern versorgen. Sieht man sich die Aufzeichnungen aus Deutschland in der Agora Energiewende an, so sieht man rasch, dass es ohne Stromzukäufe aus französischen AKWs nicht geht:

Die Aufzeichnungen vom 6. bis 11.November zeigen wieder die für den Winter typische Dunkelflaute. Kaum Sonne (gelb), und das Wenige nur zu Mittag. Der Wind ist über mehrere Tage eingeschlafen und das sowohl Offshore (dunkelblau) als auch Onshore (mittelblau). Die rote Linie zeigt den Verbrauch an, grau dargestellt sind konventionelle Quellen. Die Lücke ist erheblich.

Das Festhalten am Versuch mit Solar- und Windanlagen eine für die Industrie ausreichende Energieversorgung herzustellen ist zum Scheitern verurteilt. Der Abbau konventioneller Kraftwerke führt zwangsläufig zum Energietod für die Industrie.


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4 Kommentare

  1. W. Baehring 16. November 2025 um 14:03 Uhr - Antworten

    So manche Grün:innen mit eher schlichtem Geist haben offensichtlich immer noch nicht begriffen, dass Windräder grundsätzlich NICHT GRUNDLASTFÄHIG sind, also KEINE KONTINUIERLICHE (also keine wetter- und tageszeit- unabhängige) Energieversorgung des neuen, supertollen Google- Rechenzentrums gewährleisten könnten.
    Und die Kapazitäten von Batteriespeichern zur Überbrückung von Dunkelflauten sind wohl auch noch nicht in der Größenordnung, dass sie das über mehrere Tage stemmen könnten (allein für einen Tag Überbrückungszeit bräuchten sie eine Kapazität von ca. 2,4 GWh = ca. 100 MW * 24 h).
    Ups???!!!
    Oder rechnet das neue, supertolle Google-Rechenzentrum etwa nur, wenn der Wind kräftig weht?
    Und ich unterstelle mal, dass die von Herrn Christoph Dolna-Gruber angegebenen 80 Windräder gerade mal für den laufenden Betrieb des Rechenezentrums reichen. Da wäre also der Energiebedarf für eine parallele (Wieder-) Aufladung der Batteriespeicher noch gar nicht eingerechnet.

    Offensichtlich stehen sie aber auch mit grundlegenden mathematischen Zusammenhängen auf Kriegsfuß:
    Denn es ist völlig egal, ob dafür nun 80 (oder 800 oder 8000 oder …oder…) neue Windräder aufgestellt werden müssen (mit je ca. 1,4 MW Peak-Leistung, die bei 8760 Jahresstunden theoretisch ca. 1 TWh Energie liefern könnten, dabei allerdings vorausgesetzt, dass der Wind kontinuierlich und kräftig weht):
    Bei Windstille bzw. Dunkelflaute mit mageren 0 kW Leistung bzw. 0 kWh „erzeugter“ Energie ( = Leistung * Zeit), multipliziert mit 80 (oder 800 oder 8000 oder …oder…Windrädern, ergibt das auch nur wieder 0 kW Leistung bzw. 0 kWh „erzeugte“ Energie (NICHT Strom, dessen physikalische Einheit ist Ampere (A) und hier völlig fehl am Platze).
    Zur Erinnerung an den Matheunterricht in der Schule: Die Multiplikation einer beliebig (sogar unendlich) großen Zahl mit 0 (Null) ergibt 0 (Null).

    Es ist so ähnlich wie bei den Menschen:
    Wenn der Einzelne uninformiert ist, führt der Zusammenschluß mit anderen Uninformierten nicht zwangsläufig zur Informiertheit (allenfalls zur Überheblichkeit der gebildeten Gruppe).

    • Vortex 19. November 2025 um 1:38 Uhr - Antworten

      Privat selbst auf der Suche nach exotischen Energiequellen* (ausserhalb des Üblichen) bin ich bereits in etliche Fallen getappt, obwohl ich immer noch auf Nikola Teslas Forschungen hoffe, die eines Tages für jedermann zugänglich (offiziell freigegeben) werden …

      Anmerkung: Leider ist dies (1, 2) alles nur hypothetisch bzw. nur Wunschdenken, oder?

      1) Die Wahrheit über freie Energie, Heinz Krug (tinyurl.com/2c2tbxaj)
      2) The Force That Physics Erased: Ampères Forgotten Law (tinyurl.com/9tv43y3f)

  2. VerarmterAdel 15. November 2025 um 18:22 Uhr - Antworten

    „Energietod für die europäische Industrie“

    Ja gut, aber besser der Tod der europäischen Wirtschaft und damit auch der Tod der europäischen Sklaven als der Tod des Heiligen Klimas, oder nicht?

  3. Jan 15. November 2025 um 16:27 Uhr - Antworten

    Ist der Krieg mit Russland in 5-10 Jahren zuende, wenn die Gasprobleme schlagend werden? Oder kaufen wir dann Stahl zur Herstellung von Waffen gegen Russland in Russland? Oder in Katar mit Ergebnis Null, wie unter Nehammer?

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