
Der liberale Wahnsinn: Ulrike Guérots Zeitenwenden
Zeitenwenden ist in einem zunehmend repressiven Klima ein mutiges Buch. Der ehemalige liberale Medienstar Ulrike Guérot diagnostiziert ungeschminkt den Verfall der liberalen EU-Elite und ihren Marsch in den Krieg.
Ulrike Guérot war als begeisterte Europäerin und Propagandistin für eine europäische Vereinigung ein Medienstar, der in vielen Talkshows herumgereicht wurde. Beginnend mit der großen Weltwirtschaftskrise 2007-2009[1] und der darauf folgenden Eurokrise kritisierte sie die unsoziale Austeritätspolitik der EU. Später übte sie scharfe Kritik an den diktatorischen Corona-Maßnahmen und – ab 2022 – am Kriegskurs der EU gegen Russland.
Dabei ist Ulrike Guérot keine Sozialistin oder Rechte. Vielmehr steht sie nach eigenen Aussagen der christlichen Soziallehre bzw. dem ehemaligen Arbeitnehmerflügel der CDU um Heiner Geißler und Norbert Blüm nahe. Diesen gibt es inzwischen nicht mehr, die CDU hat sich längst neoliberalisiert. Guérot arbeitete bei dem CDU-Bundestagsabgeordneten Karl Lammers, bei Jacques Delors, bei diversen Stiftungen und Think Tanks, auch bei solchen von George Soros; schließlich wurde sie Professorin der Universität Bonn. Wobei sie 2023 unter einem Vorwand entlassen wurde.
Gerade weil Guérot eine Insiderin war, wurde ihre Kritik am Kurs der EU offenbar als besonders gefährlich erachtet. Gegen sie wurde eine richtiggehende Diffamierungskampagne gefahren, sie wurde nicht mehr in Talkshows eingeladen, ihre wissenschaftliche Qualifikation wurde von Berufskollegen angezweifelt. Diese Kampagne kulminierte schließlich in ihrer Existenzvernichtung durch Entlassung im Jahr 2023. Die Heftigkeit und offensichtliche Koordinierung dieser Kampagne lässt vermuten, dass Ulrike Guérot ein Opfer der Kognitiven Kriegsführung der NATO geworden ist, wie sie Jonas Tögel in seinem gleichnamigen Buch von 2023 beschrieben hat.
Zeitenwenden ist das erste Buch Guérots nach ihrer Entlassung. Darin beschreibt sie die Ursachen der gegenwärtigen Multikrise des Westens und Lösungsmöglichkeiten, die letztlich auf einen Bruch Europas mit der NATO und auf eine Republik Europa hinauslaufen. Ulrike Guérot verarbeitete in ihrem Buch eine große Menge an politikwissenschaftlicher Literatur und fand vielfach auch prägnante Formulierungen sowie gelungene Analysen. Allerdings überzeugen ihre Lösungsansätze nur teilweise. Im Folgenden sollen ihre Thesen dargestellt und anschließend kritisiert werden.
Kafkas Käfer
Der Begriff Zeitenwende ist nach Guérot ein Euphemismus für Krieg. Dieser Krieg gegen Russland und schon die Kriegsvorbereitungen werden genutzt, um einen fundamentalen Reset der Gesellschaft auch gegen den Willen ihrer Mitglieder durchzudrücken.
Sie schreibt: „Wie Kafkas Käfer hat sich die Bundesrepublik Deutschland gleichsam über Nacht zu etwas gewandelt, das man nicht mehr wiedererkennt.
Verlorengegangen sind: Demokratie, Rechtsstaat, Europa, Vertrauen und Sicherheit, Frieden, sichere Grenzen, sozialer Zusammenhalt. Also eigentlich alles, was die Grundfesten der Republik ausgemacht hat.“[2]
Auch das Denken an sich, jede Utopie und jeder Hauch von Zukunft sind verloren gegangen. „Die eigentliche Zeitenwende ist, dass die in Europa erzählte Welt nicht mehr real ist und die reale Welt in Europa nicht mehr erzählt wird.“
Fazit der ohrenbetäubenden Propaganda: „Wir sind gut, alle anderen sind böse.“ Vor allem natürlich Russland.
In Deutschland herrscht jetzt Willkür in dem Sinne, dass alles, was gestern noch galt, nicht mehr gilt und alles, was gestern unmöglich war, nun möglich wird.
Europa erlebte in den letzten Jahren drei Kriege: Den Krieg gegen das Virus, ein Krieg gegen Russland und einer in Gaza. Hierdurch wurden wie mit einem Presslufthammer die bisherigen Strukturen zerschlagen.
Sind alle wahnsinnig geworden?
Hauptursache für diese Entwicklung ist nach Guérot die allgemeine Geistlosigkeit der Gesellschaft. Man hat den Eindruck, dass alle buchstäblich geisteskrank geworden sind, diesen Zustand aber als Vernunft deklarieren.
Durch Internet und soziale Netzwerke wird den Menschen das eigenständige Denken richtiggehend abtrainiert.
Die Wissenschaft wurde entkernt und ist in der Krise. Viele Forschungsergebnisse etwa der Sozialwissenschaften, aber auch der Medizin können nicht mehr repliziert werden. Wenn Simulationen mit falschen Inputs gefüttert werden, kommen natürlich falsche Outputs heraus. Corona hätte es in den 70er Jahren, als Universitäten noch staatlich finanzierte Anstalten des öffentlichen Rechts waren, nicht geben können. Die Parole „Follow the Science“ heißt in Wirklichkeit „Follow the Money“.
Guérot schreibt, dass die Wissenschaft im Sinne des Szientismus dazu missbraucht wird, zu rechtfertigen, mit Vernunftgründen nicht zu rechtfertigen ist. Aber: „Dass man Gesellschaften nicht mit Wissenschaft reguliert, hat man doch ausgerechnet dem wissenschaftlichen Sozialismus immer wieder vorgeworfen und ad acta gelegt. Daran könnte man sich doch erinnern?“[3]
Stasis oder der kommenden Bürgerkrieg
Die rechtsstaatlichen Strukturen der Bundesrepublik wurden in den letzten Jahren zerstört, der Demokratie damit das Rückgrat gebrochen. „Konsequenterweise klappt sie derzeit in sich zusammen wie ein Körper ohne Skelett.“[4]
Die Massenunterstützung für das System bröckelte und ist inzwischen weitgehend verschwunden. Immer mehr Menschen sind unzufrieden. Dies gilt auch für die Jugend, die bei der letzten Bundestagswahl zu 52% „dissidentisch“ (AfD, BSW, Linke) gewählt hat. Die Gesellschaft ist gespalten wie nie zuvor, anhand von ideologisch aufgeladenen Themen wie Kampf gegen Rechts, Klima, Wokeness, Russland, Migration.
Ein Bürgerkrieg ist durchaus eine realistische Perspektive.
Guérot bezeichnet diesen Moment mit dem italienischen Philosophen Giorgio Agamben als Stasis, Stockung. Sie schreibt: „Der Streit im Haus wird zum Streit der Gesellschaft bzw. des Staates. In Konsequenz stockt die Gesellschaft, etwa wie saure Milch, die sich im Kaffee nicht mehr verrühren lässt, sondern ausflockt.“[5]
Marxistisch gesprochen: Rapide wachsende Produktivkräfte, etwa durch die Entwicklung der KI, treffen auf starre, unveränderliche Produktionsverhältnisse – hier die kapitalistische Produktionsweise.
Wenn zwei Gruppen von Bürgern sich in einem Zustand der Stasis gegenüberstehen, führt das direkt zur Frage: Wer ist der Souverän? Wer hat die Macht über Polizei und Militär? Wer bestimmt über den Ausnahmezustand?
Seit dem Aufkommen der globalisierungskritischen Bewegung ab dem Jahr 2000 und verstärkt seit der großen Weltwirtschaftskrise 2007-2009 kam es zu einem Aufeinanderprallen von liberalen Globalisierungsbefürwortern und linker Kritik daran, die heute ins (rechts)populistische gekippt ist. Aber: „Die Kritik läuft ins Leere, das System ist strukturell reformunfähig.“[6]
Noch während der großen Weltwirtschaftskrise 2007-2009 war linker Protest gegen den Neoliberalismus überall sichtbar in Europa. Der gesamte europäische Süden stellte sich in den 10er Jahren gegen die von Deutschland brutal durchgesetzte Austeritätspolitik, hatte letztlich aber keinen Erfolg. Noch im Juni 2012 protestierten linke Jugendliche aus ganz Europa in Frankfurt am Main vergeblich gegen die harte Austeritätspolitik der EU. Sie wurden mit Wasserwerfern auseinandergetrieben.
Da die Linke besiegt wurde und ihre Reste sich dem neoliberalen Mainstream anpassten, kam es zu einem Aufstieg der Rechtspopulisten wie der AfD.
Allerdings wurde in den Corona-Jahren die libertäre Ideologie innerhalb des Rechtspopulismus hegemonial. Dafür steht zum Beispiel die deutsche AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel. Dass sie Hitler in dem bekannten Gespräch mit Elon Musk fälschlicherweise als Sozialisten oder gar Kommunisten bezeichnete, war ein klares Signal an das Bürgertum, dass die AfD eins jedenfalls nicht sein möchte: sozial. Sondern betont libertär.
Wenn in libertären Kreisen heute oft auf den Satz des World Economic Forum verwiesen wird: „Du wirst nicht besitzen, aber glücklich sein“, um schnell hinzuzufügen, das sei ja Sozialismus, dann ist das grundfalsch: Im Sozialismus müsste es heißen, „Du wirst alles besitzen“, denn das Privateigentum an den Produktionsmitteln ist im Sozialismus zwar abgeschafft, aber genau deshalb gehören sie allen Menschen. „Du wirst nicht besitzen“ heißt hingegen: Der internationalen Oligarchie gehört alles. „Das als Sozialismus zu bezeichnen, ist obszön, es sein denn, man meint ‚Milliardärssozialismus‘ damit […].“[7]
In Wirklichkeit findet eine Refeudalisierung der Gesellschaft statt, die sogar die Errungenschaften der bürgerlichen Revolutionen rückgängig macht. Yannis Varoufakis prägte in diesem Zusammenhang den Begriff Techno-Feudalismus.
Die Zeitenwende als Krieg gibt die Möglichkeit, die Demokratie endgültig abzuschaffen, die von maßgeblichen kapitalistischen Kräften ohnehin nicht mehr gewünscht wird. Überhaupt kracht die ganze, vom Westen geprägte Rechtsordnung zusammen. Das reicht von der UN-Charta, über das Völkerrecht bis zum nationalstaatlichen Recht, dass immer mehr genutzt wird, um politische Feinde zu bekämpfen.
Der Weg in den Krieg
Was bedeutet diese Entwicklung für die Geopolitik? Die EU lehnt sich jedenfalls immer stärker an die USA an, so dass es bereits einige – wohl nicht ganz ernst gemeinte – Vorschläge für eine Fusion dieser beiden Machtgebilde gibt. Die europäischen Eliten wollen um jeden Preis einen Bruch mit den USA vermeiden. Sie hoffen auf bessere Zeiten nach Trump, betreiben einen wahnwitzigen Aufrüstungskurs und führen den Krieg gegen Russland weiter – mit dem Ziel der Zerschlagung dieses Staates. Hierfür steht die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas aus Estland.
Der 2022 von der Ukraine mit amerikanischer Rückendeckung bewusst herbeiprovozierte Stellvertreter-Krieg bezweckte, den Westen bzw. die NATO über die Ukraine weit nach Eurasien hinein ausdehnen und von da aus Regime-Change Operationen in einem geschwächten Russland durchzuführen bzw. seine Zerschlagung zu orchestrieren. Das wäre der lang herbeigesehnte Triumpf der Herzlandtheorie gewesen. Diese Strategie ist vorerst gescheitert. Russland hat die erste Schlacht gewonnen. Aber noch lange nicht den Krieg.
Russland hat sich auf westliche Forderungen nach einem Einfrieren des Konfliktes nicht eingelassen, in der Befürchtung, dass der Westen wie bei Minsk II erneut vertragsbrüchig und die gekaufte Zeit bis 2029 nur zur eigenen Aufrüstung nutzen würde. Dann würden die USA und die EU den Krieg wiederaufnehmen und erfolgreicher führen als heute. Damit soll die westliche Hegemonie endgültig wiederhergestellt werden.
Ein wichtiges Signal, dass es der Westen mit seinen Friedensforderungen ernst meint, wäre die Beendigung der rasenden Russophobie in Europa. Davon ist aber absolut nichts zu bemerken.
Diese Kriegsstrategie entspricht aber überhaupt nicht den europäischen Interessen. Denn die EU verpasst damit die tatsächliche Zeitenwende, also den Übergang der Welt in Richtung Multipolarität. Das Klammern an den Westen, den es de facto kulturell, politisch und geostrategisch nicht mehr gibt, die Vasallentreue zu den ökonomisch geschwächten USA, die Abkoppelung von Russland, China, Indien und anderen BRICS-Ländern bewirkt nur die Selbstzerstörung Europas.
Zeitweise sah es so aus, als hätte US-Präsident Trump die geopolitischen und ökonomischen Zeichen der Zeit erkannt und sich auf eine multipolare Welt eingestellt. Inzwischen – nach Veröffentlichung von Guérots Buch – mehren sich die Anzeichen, dass Donald Trump die Politik seiner demokratischen Vorgänger fortsetzt – sowohl innen- wie außenpolitisch.
Innenpolitisch setzt er auf Steuersenkungen für die Reichen, brutalen Sozialabbau für die Armen und weitere Billionenschulden. Dies konterkariert natürlich das Ziel der Reindustrialisierung, da so der innere Markt noch weiter eingeengt wird. Außenpolitisch unterstützt Trump die Kriege der EU gegen Russland und Israels gegen den Iran. Während sich die USA selbst auf einen Großkrieg gegen China vorbereiten.
1989 proklamierte der Westen nach seinem Sieg über dem Sozialismus das Ende der Geschichte. Gerade wegen dieses Sieges hielt man ein partnerschaftliches Verhältnis zu Russland für unnötig. Der Westen wollte Dominanz, vor allem durch das Ausgreifen der NATO gegen Osten, hat aber jetzt in der Ukraine den ersten großen Krieg in Europa.
Die Stasis, der kommende Bürgerkrieg, ist die letztliche Konsequenz des Sieges des Westens. Dies hatte zur Folge, dass ganze Gesellschaften neoliberal umgekrempelt und nicht zimperlich mit ihnen umgegangen wurde: Schocktherapie, liberaler Umbau der Wirtschaft, Verarmung, Abbau von Arbeitsplätzen, Sozialabbau, Säuberung von Justiz-, Partei- und Staatsapparaten. Später, als die versprochenen blühenden Landschaften nicht kamen, wählten die enttäuschten DDR-Bürger zunächst die PDS. Als die Linke ebenfalls zerstört wurde, gingen immer größer werdende unzufriedene Teile der Gesellschaft zum Rechtspopulismus über (siehe oben).
Dies ist durchaus im Interesse des Liberalismus: Die Rechtspopulisten haben im ökonomischen Bereich viele Forderungen der Linken übernommen. Allerdings kombinieren sie diese mit einer rechten Gesellschaftspolitik (z.B. Trad-Wifes, gegen Abtreibung etc.), wo die Linken nicht mitgehen können. Wenn umgekehrt linke politische Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit fürs Volk, für Frieden oder gegen liberales Einheitsdenken im woken Gewand daherkommen, dann sind sie gesellschaftlich nicht anschlussfähig.
Der Liberalismus braucht den Krieg mit Russland. Er hofft, durch Rüstung und Kriegswirtschaft ein Wirtschaftswachstum zu generieren, den sozialen Protest in den populistischen Parteien abbinden zu können während er gleichzeitig die soziale Frustration in Hass auf die Russen umlenkt.
Damit ist er bis heute sehr erfolgreich: Der Krieg in der Ukraine ist notwendig in einer Situation, in der ein liberales, transatlantisches Establishment keinen Jota seiner Privilegien, seines Reichtums und seiner Macht aufgeben will, aber immer stärker herausgefordert wird. Denn die liberale westliche Ordnung verliert zunehmend den Rückhalt der Bevölkerung. Deswegen gibt es überall im Westen immer drakonischere, repressivere und autoritäre Maßnahmen zur Einschränkung der Meinungsfreiheit.
„Es ist das letzte Abwehrgefecht einer liberalen Elite, die sich, außer repressiv zu werden und buchstäblich selbst zur Gewalt zu greifen, nicht mehr zu helfen weiß.“[8]
Um aber die Gewalt zu legitimieren, brauchen die transatlantischen Eliten den Krieg gegen Russland, weil man im Krieg auch die Zügel gegenüber der Bevölkerung immer stärker anziehen kann.
In Europa wird alles dafür getan, dass ein „politischer Unfall“ wie die Wahl von Trump nicht wiederholt. Populisten werden von der liberalen Seite gerne mal ins Gefängnis gesperrt oder Wahlen suspendiert, wenn sie diese gewinnen könnten.
Was die liberalen Eliten nach 1989 zuerst mit den ehemals sozialistischen Ländern Osteuropas, dann mit neoliberalen Techniken und Instrumenten auch in Westeuropa gemacht haben, verwehren sie jetzt den Populisten und zwar einen mehr oder weniger radikalen Politikwechsel. „Ein ganzes liberal-demokratisches politisches System ist verriegelt wie ein Panzerschrank.“[9]
Ein Ausstieg insbesondere von akademischen Funktionseliten aus diesem System ist kaum mehr möglich, denn dann müsste man sich eingestehen: „Ich habe mich getäuscht. Ich habe das falsche verteidigt.“
„Also wird rationalisiert, werden Begründungen und Rechtfertigungen gezimmert, was das Zeug hält und man verteidigt das System, in dem man lebt, selbst wenn es längst schadet, selbst wenn, wie jetzt, gleichsam als neoliberale Apotheose, ein Krieg geplant wird.“[10]
Doch soll man im transatlantischen Bürgerkrieg deshalb auf die Populisten setzen, die den Liberalismus in allen seinen Facetten bekämpfen? Das wäre völlig falsch, denn diese populistischen Parteien wurden in ganz Europa schon längst transatlantisch-liberal unterwandert, noch bevor sie an die Macht kommen (siehe oben).
Nur bei weichen gesellschaftlichen Themen fungieren populistische Parteien in Europa als dankbare Dampfablasser: Gender, Frühsexualisierung, Migration, Klima. „Bei diesen emotionalen Themen dürfen sie sich austoben, vorzugsweise im Internet, teilweise berechtigte Argumente vorbringen, teilweise Ressentiment und Chauvinismus schüren und sich vor allem mit ihrem emotionalen Gegenüber, den woken Linken, trefflich streiten […].“[11]
Die AfD, die in den letzten Jahren als Oppositionspartei im Bundestag teilweise gute Sacharbeit geleistet hat, z.B. zu den Themen Corona, Klima, Energie und Krieg, kann man von dieser Entkernung nicht ausnehmen. Noch stärker ausgeprägt ist diese bei den populistischen Parteien in Frankreich (RN) und Italien (Fratelli d’Italia).
Es gibt demnach keine Hoffnung oder Chance auf einen wirklichen Kurswechsel in Europa – nicht einmal eine Diskussion darüber.
Hauptursache für die Krise, für das Scheitern der EU ist für Guérot ihr Demokratiedefizit, die Tatsache, dass sich niemals eine europäische Bürgergesellschaft formiert hat.
Hatte die EU in den 90er Jahren noch um einen eigenständigen Weg gerungen, so scheiterte er um die Jahrhundertwende, etwa zwischen 2000 und 2005. Der Euro erzwang neoliberale Reformen, was unter anderem zum Scheitern der EU-Verfassung in Volksabstimmungen führte. Die EU-Osterweiterungen verstärkten den Druck auf Löhne und Gehälter in den Kernländern und sorgten für eine antirussische Stimmung in Europa.
Statt eines souveränen und sozialen Europas mit guten Beziehungen zu Russland sah sich die EU als Teil des unipolaren Moments und setzte ihre Ausdehnung bis in die Ukraine fort, was mit zum heutigen Krieg führte.
Die Zustimmung der Bürger zur EU ist längst versiegt. Sie wird nur noch als eine repressive, technokratische Struktur wahrgenommen, welche die Bürger gängelt und verarmt.
Offenbar wollen Institutionen, die inzwischen jeden Kontakt zur europäischen Bevölkerung verloren haben, jetzt in den Krieg ziehen, in der Hoffnung, dass die EU dadurch wieder attraktiver wird. Das Gegenteil dürfte der Fall sein.
Viele Fragen im Zusammenhang mit dem Krieg sind ungeklärt. Auch wollen längst nicht alle EU-Länder bei diesem Kriegskurs mitmachen. Die Vorstellung, in den Krieg gegen Russland zu ziehen, ist vor allem ein baltisches Projekt, mit dem ihre Vertreter wie Kaja Kallas den Brüsseler Machtapparat missbrauchen. Dass die EU an diesen Fragen zerbrechen könnte, ist durchaus realistisch.
Die EU kann diesen Kurs jedenfalls nur bei einer autoritären Schließung beibehalten. Dies ist notwendig, weil ansonsten rechtspopulistische Parteien immer stärker würden und in einzelnen großen Ländern oder bei den EU-Wahlen 2029 womöglich eine Mehrheit erreichen könnten. Das wiederum können die liberalen Eliten absolut nicht hinnehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Prozess die EU in die nächsten vier Jahre zerreißt, ist hoch.
Es stellt sich auch die Frage ob dem hochgradig ideologisierten Kriegskurs der EU-Eliten tatsächliche Kapazitäten für eine Kriegsführung entsprechen.
„Eine in alle Richtungen gespaltene Gesellschaft zu einem nationalen, militärischen Schulterschluss zu bewegen, scheint nicht nur in Deutschland oder in Frankreich, sondern in ganz Europa ein Ding der Unmöglichkeit.“[12] Eine Mobilmachung wie im ersten Weltkrieg unter der Parole Einheit und Vaterland mutet aus der Zeit gefallen an.
Bei der europäischen Rüstungsindustrie sieht es nicht besser aus. In ganz Europa gibt es kaum noch eine Stahlindustrie, die Rüstungsgüter herstellen könnte. Viele Eisenhütten in Frankreich, Belgien und im deutschen Ruhrgebiet sind abgebaut. Ebenso gibt es kaum noch die in großer Zahl benötigten Ingenieure und Facharbeiter. Die Schulbildung wurde heruntergefahren. Hatte die französische Schwerindustrie früher noch die Concorde, den TGV und Kernkraftwerke bauen können, so liegt sie nun danieder.
Den kommenden Krieg mit einhergehender Pauperisierung weiter Teile der Bevölkerung dürfte der Liberalismus nicht überstehen.
Auf die Dauer wird die heutige Verdrängung der sozialen Frage jedenfalls nicht funktionieren. Dafür steht die europäische Tradition, die über das Christentum zu sozialen Revolutionen, Sozialismus und Arbeiterbewegung führt.
Wie soll ein neues Europa aussehen?
Am Ende ihres Buches legt Ulrike Guérot ihre Vorstellungen von Europa dar. Die zentrale Forderung, der man uneingeschränkt zustimmen kann, lautet: „Die Narretei, aus Europa eine Art militärisches Bollwerk gegen praktisch den gesamten Rest der Welt zu machen und sich dabei auch noch einzubilden, Freiheit oder Werte zu verteidigen, wird eingestellt.“[13]
Ferner sollten die Europäer damit aufhören, andere Staaten grundsätzlich als Diktatur oder Regime zu bezeichnen und nur sich selbst als Demokratie, während die heutige EU bestenfalls eine Demokratur ist. China hat immerhin in den letzten dreißig Jahren 800 Millionen Menschen aus der Armut geholt, während die Armut in den USA und Europa dramatisch ansteigt. Guérot fragt: „Ist es da angemessen, China als Diktatur zu bezeichnen?“ Denn: „Nirgends zeigt sich besser als in den USA selbst, wie sehr die liberale Demokratie gescheitert ist, wenn das Wohlergehen des Volkes die Richtschnur für politisches Handeln wäre.“ [14]
Europa soll gute Beziehungen zu allen Weltmächten anstreben. Zu diesem Zweck verlassen die europäischen Länder die NATO und werden neutral. Europa sucht eine eigenständige Rolle in einer multipolaren Welt. Der Kontinent liegt am westlichen Ende der neuen Seidenstraße und kann von ihr stark profitieren.
Dringend zu überdenken ist das Verhältnis zu den USA. Die Erzählung eines langen Weges in den Westen entpuppt sich als Schönschreibung. Denn die meisten Staaten haben diesen Weg nicht freiwillig genommen. Sie wurden immer dann transatlantisch eingehegt, wenn sie einen anderen Weg gehen wollten. So konnte zum Beispiel wegen der neoliberalen Ausrichtung der EU eine von der Bevölkerung gewünschte sozialdemokratische – also sozial gerechte und friedfertige – Politik in Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland nicht durchgeführt werden. Dies versetzte dem europäischen „Sozialismus“, gemeint ist die Sozialdemokratie, den Todesstoß. Protest artikuliert sich nun in Form des Rechtspopulismus, der aber zunehmend neoliberal und libertär eingehegt wird.
Weder Russland noch China oder Indien haben die Absicht, Europa militärisch anzugreifen. Allein schon deswegen nicht, weil sich ein Angriff auf Europa nicht lohnen würde. Technologisch ist China dem alten Europa auf den meisten Gebieten inzwischen weit voraus.
Europa sucht Frieden mit Russland, hebt die Sanktionen auf, repariert die Pipeline North Stream und nimmt sie wieder in Betrieb. Europa strebt auch in anderen Gebieten eine wirtschaftliche Kooperation mit Russland an. Europa und Russland schaffen eine konföderierte Struktur mit der OSZE als zentralem institutionellem Anker.
Um eine seit 1945 versäumte Versöhnung mit Russland auch in der Bevölkerung zu verankern wird ein europäisch-russisches Jugendwerk gegründet. Die russische Sprache (und auch das chinesische Mandarin) werden in Schulen in der gleichen Dichte wie Englisch unterrichtet. Nur so kann sich Europa auf eine multipolare Welt vorbereiten. Auch Hochschulkooperationen und die Städtepartnerschaften mit Russland werden intensiviert.
Die wichtigsten globalen Aufgaben wären die Rettung der Welt vor dem gefährlichen Transhumanismus und die Schaffung einer Welt frei von Not und Zwang. Europa sollte sich auch vom Kapitalismus abwenden. Das bedeutet auch eine Wiederherstellung der öffentlichen Güter wie Krankenhäuser und Universitäten. Sie sollten nicht mehr Profit- und Effizienzlogiken unterworfen sein.
Dann stellt sich nur noch die Frage, wie das neue Europa organisiert werden soll. Hierzu schreibt Guérot: „Europa wird als große Schweiz gedacht: föderal, subsidiär, regional, kulturell facettenreich, sozial und friedlich.“[15]
Das heißt, sie hält an ihrer Vorstellung von einer Republik Europa fest. Danach werden die Nationalstaaten aufgelöst und Europa wird eine vollgültige demokratische Republik, in der das europäische Parlament tatsächliche Macht hat. Die wichtigste Einheit unterhalb Europas wären die Regionen, die etwa deutschen Bundesländern entsprechen.
Diese Republik Europa wäre nach Guérot in gewisser Weise eine Wiederherstellung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, also eine Reichsstruktur, die den europäischen Kontinent überspannt, unter der sich – dezentral und subsidiär – Kurfürsten, Grafschaften und Freie Städte befanden.
Fazit
Zeitenwenden ist im heutigen repressiven Klima ein sehr mutiges Buch. Ulrike Guérot spricht ungeschminkt Klartext, wenn sie etwa schreibt, dass der Ukrainekrieg 2022 vom Westen bewusst herbeiprovoziert wurde. Im Unterscheid etwa zu Sahra Wagenknecht und auch manch kritischem Journalisten vermeidet sie ausgestanzte Diskursschablonen wie die vom „völkerrechtswidrigen, brutalen russischen Angriffskrieg“. Überhaupt steht sie in allen Bereichen einem starken Gegensatz zu den offiziellen Narrativen. Damit ist Ulrike Guérot eine der wichtigsten kritischen Intellektuellen der heutigen Zeit.
Guérots Analysen über die politischen Institutionen, die absolut reformunfähig sind und von immer größeren Teilen der Bevölkerung abgelehnt werden (Stasis), über die Niederlage bzw. Zerstörung der Linken, das Aufkommen des Rechtspopulismus, sowie über unseren Weg in den Krieg und den Bürgerkrieg sind überzeugend.
Ihre Vorstellung, dass sich Europa einen eigenständigen und gleichberechtigten Platz in der multipolaren Weltordnung suchen soll, ist absolut richtig. In dieser Deutlichkeit ist so etwas meines Wissens bisher noch nie geäußert worden.
Problematisch ist ihre Vorstellung von der Republik Europa. Denn durch den Binnenmarkt und mehr noch durch den Euro, die gemeinsame Währung, sind Länder mit ganz unterschiedlicher Produktivität und Wohlstandsniveaus zusammengezwungen worden. Das war durchaus beabsichtigt. Alle europäischen Volkswirtschaften sollten einem harten Wettbewerbsdruck ausgesetzt werden, der zu einem Wettlauf nach unten führt, welcher die Löhne senkt und die Sozialsysteme schleift. Das ist auch gelungen.
Spätestens mit der großen Weltwirtschaftskrise 2007-2009 wurden aber die Grenzen dieses Modells unübersehbar. Deutschland als produktivste Volkswirtschaft hat alle anderen Länder niederkonkurriert, deren Industrie weitgehend verschwunden ist. Den riesigen Exportüberschüssen Deutschlands standen schließlich ebenso große Schulden vor allem der Südländer gegenüber. In der Voreuro-Zeit konnten sich diese Länder durch Abwertung ihrer Währungen gegen die übermäßige Konkurrenz schützen. Dies war nun nicht mehr möglich. Stattdessen hat die Troika den Südländern eine innere Abwertung, also ein brutales Sparprogramm und Lohnsenkungen auferlegt. Die Ungleichgewichte sind trotzdem bis heute nicht verschwunden. Dies zeigt sich z.B. daran, dass Griechenland den höchsten Stand seines BIPs aus dem Jahr 2008 heute immer noch nicht erreicht hat. Damals betrug das BIP des Landes 351,8 Milliarden Dollar, 17 Jahre später, also im Jahr 2024, nur 257,07 Milliarden.
Diese ökonomischen Probleme der EU sind der Kern der Legitimationskrise der Staaten und der EU selbst, gegen die zunächst die Linke und dann – nach ihrer Zerschlagung – die Rechtspopulisten vergeblich angerannt sind.
Andreas Wehr schlägt als Ausweg aus der Eurokrise vor, dass diese Länder – und Frankreich – aus dem Euro austreten, aber Mitglied der EU bleiben. Sie würden dann ihre eigenen Währungen wieder einführen und diese sofort abwerten. Diese Währungen wären dann über den immer noch bestehenden Wechselkursmechanismus II an den Euro gebunden und würden nur in einer bestimmten Bandbreite schwanken. Bei dauerhaften Leistungsbilanz-Ungleichgewichten bestünde die Möglichkeit einer vereinbarten Anpassung. Käme es trotzdem zu Spekulationsattacken der Finanzmärkte auf eine dieser Währungen, so stünde zu ihrer Verteidigung die „fast unbegrenzte fire power der Europäischen Zentralbank zur Verfügung.“[16]
Diese Vorschläge von Andreas Wehr stammen aus dem Jahr 2018. Inzwischen sind sie aber unzureichend, denn auch Deutschland, die damals produktivste Volkswirtschaft Europas und Exportweltmeister ist durch das Abschneiden von russischen Energierohstoffen, den Atomausstieg und eine selbstzerstörerische Klimapolitik in eine schwere Krise geraten.
Gerade wegen dieser großen Ungleichgewichte ist die von Guérot beschriebene Idylle („Schweiz, demokratische Republik“) nicht realistisch. Bei seinem heutigen Zustand kann Europa nur mit eiserner Faust zusammengehalten werden. Dafür stehen Ursula von der Leyen und Kaja Kallas. So bestätigt sich ein bekannter Ausspruch Lenins „Die Vereinigten Staaten von Europa sind entweder unmöglich oder reaktionär.“[17]
Guérot schreibt selbst, dass diese neoliberale Politik die EU schließlich zerreißen wird. Wenn es so kommt, werden die Nationalstaaten auf absehbare Zeit bestehen bleiben.
Eine Voraussetzung für die heute utopische Republik Europa wäre ein Abbau dieser großen Ungleichgewichte und eine allgemeine Steigerung des Lebensstandards. Das wäre nur mit einer wirklichen Industriepolitik, zeitweise hohen Zollmauern und der zumindest partiellen Enteignung der reichsten Männer der Welt bzw. Europas denkbar.
Diese Lösung scheint Guérot angedeutet zu haben, wenn sie schreibt, dass sie den Kapitalismus ablehnen würde und die Schaffung einer Welt frei von Not und Zwang anstrebt. Angesichts ihrer Polemiken gegen den Sozialismus (siehe Abschnitt „Sind alle wahnsinnig geworden?“) meint sie ganz sicher nicht den Aufbau des Sozialismus und eine Planwirtschaft. Vielmehr schwebt ihr offensichtlich das chinesische Modell vor, das mit der Epoche des Spätkapitalismus in Europa (1945-1989) viele Gemeinsamkeiten hat (Starker öffentlicher Sektor, Banken teilweise staatlich, wirksame Regulierungen, kontinuierliche Lohnsteigerungen und Ausbau des Sozialstaates).
Es fragt sich allerdings, ob so ein Modell beim heutigen Produktivitätsniveau und der Einführung der KI überhaupt noch realistisch ist, wenn es selbst in China an seine Grenzen stößt, was sich dort in zunehmender Jugendarbeitslosigkeit zeigt. Auch stellt sich die Frage, wie die Milliardäre und die Kapitalisten allgemein entmachtet werden können. Freilich: Nach einem Krieg ist Vieles möglich.
Ist die Auflösung der europäischen Nationalstaaten überhaupt erstrebenswert? Das würde bedeuten, dass auf lange Sicht auch die einzelnen Nationalsprachen und Kulturen verschwinden würden zugunsten einer Lingua Franca, die unter heutigen Umständen nur das Englische sein kann. Damit würde eine den Menschen künstlich aufgepfropfte Kultur einhergehen, welche Hauke Ritz in seinem Buch Vom Niedergang des Westens zur Neuerfindung Europas ausführlich beschrieben hat.
Die Schweiz kann hier kein Vorbild sein. Immerhin hat sie eine dominierende Sprache, das Deutsche, das von rund 65% der Bevölkerung gesprochen wird. Es gab in der Vergangenheit auch durchaus Konflikte zwischen den Sprachgruppen. Dass das Französische und Italienische nicht verschwunden sind, mag daran liegen, dass die Schweiz an diese Länder stößt, die deshalb auch sprachlich auf sie einwirken können.[18] In Europa gibt es aber keine dominierende Sprache, sondern zahlreiche Sprachgruppen von ähnlicher Größe. Genau wegen dieser Sprachbarrieren hat sich wohl auch keine europäische bürgerliche Öffentlichkeit ausgebildet.
Wie auch immer, es spricht nichts dagegen, dass die bestehenden Nationalstaaten Europas auf neuer Grundlage zusammenarbeiten, um sich in die multipolare Welt einzugliedern. Damit einhergehen könnte und müsste der Versuch, zunächst in Europa eine Gesellschaft „frei von Not und Zwang“ aufzubauen. Wenn dies erfolgreich sein sollte und die einzelnen Länder etwa auf dem gleichen Produktivitäts- und Wohlstandsniveau sind, kann man über die Vereinigten Staaten von Europa oder eine Republik Europa neu nachdenken.
Ulrike Guérot: ZeitenWenden, Frankfurt am Main 2025, Westend
[1] Von ihr und vielen anderen Autoren als Finanz- oder Bankenkrise bezeichnet.
[2] Ulrike Guérot: Zeitenwenden, Teil I, Unterkapitel Wie Kafkas Käfer …, Frankfurt am Main 2015
[3] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil I, Unterkapitel Vertrauen als Kitt
[4] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil III, Unterkapitel Heimlich, still & leise
[5] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil III, Unterkapitel Stasis – über gesellschaftliche Stockung
[6] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil III, Unterkapitel Wer ist der Souverän?
[7] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil III, Unterkapitel Modewort Libertär
[8] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel Die Straße kippt immer nach rechts …
[9] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel Politischer Stellungskrieg
[10] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel The Politics of Blind Spots
[11] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel Von politischer Hardware und Software
[12] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel Vom Spielen und vom Krieg
[13] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel Europa als große Schweiz
[14] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel Europa als große Schweiz
[15] Guérot: Zeitenwenden, a.a.O., Teil IV, Unterkapitel Europa als große Schweiz
[16] Andreas Wehr: Europa, was nun?, Köln 2018, S. 44
[17] Zitiert nach Alfred Kosing: Haben Nation und Nationalstaat eine Zukunft?, Berlin 2019, S. 420
[18] Vgl Kosing: Nation, a.a.O., S. 244ff
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Jan Müller, geboren 1971, ist Soziologe und lebt in einer Stadt in Hessen.
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November 2024 JÜDISCHE RUNDSCHAU KULTUR 28
Hitler – ein antikapitalistischer Revolutionär? Der NSDAP-Führer verstand sich nie als Rechter
https://www.rainer-zitelmann.de/wp-content/uploads/2024/11/Hitler-ein-Revolutionaer.pdf
Hitlers politische Karriere begann im Linksextremismus
https://www.welt.de/geschichte/article191925515/Raeterepublik-1919-Hitlers-politische-Karriere-begann-im-Linksextremismus.html
So so, Hitler war also kein Sozialist. Gibt es dann einen Grund, warum er sich selbst als „Nationalsozialist“ bezeichnete?
…und weil Alice Weidel Hitler als Sozialisten bezeichnete, was er ja laut Guérot nicht war, will die AfD nicht sozial sein? Da muss man aber erst mal um paar Ecken denken.
Guérot: ,Im Sozialismus müsste es heißen, „Du wirst alles besitzen“‚.
Nein, es müsste heißen: Im Sozialismus werden alle Nichts besitzen. Außer die Eliten!
An dieser Stelle beende ich das Lesen – auch, weil mir die voreingenommene und unbelehrbare Haltung Guérots zu George Soros bekannt ist. Auch weil mir das kindische, trotzige Hängenbleiben an dem Traum einer Groß-EU, einer Form der „Vereinigten Staaten von Europa“ bekannt ist. Und das, obwohl gerade ihr Freund George Soros mit seinen Kompanen des Tiefen Staats, diese EU als Machtinstrument für die Kapitalisten nutzt.
Es bezeichnen sich auch Grüne als Grüne, sind aber Braune. Hitler hat bekanntlich Sozialisten verfplgt und ermordet, weil er der schärfste Feind des Sozialismus war.
So so, Hitler war also kein Sozialist. Gibt es dann einen Grund, warum er sich selbst als „Nationalsozialist“ bezeichnete?
…und weil Alice Weidel Hitler als Sozialisten bezeichnete, was er ja laut Guérot nicht war, will die AfD nicht sozial sein? Da muss man aber erst mal um paar Ecken denken.
Guérot: ,Im Sozialismus müsste es heißen, „Du wirst alles besitzen“‚.
Nein, es müsste heißen: Im Sozialismus werden alle Nichts besitzen. Außer die Eliten!
An dieser Stelle beende ich das Lesen – auch, weil mir die voreingenommene und unbelehrbare Haltung Guérots zu George Soros bekannt ist. Auch weil mir das kindische, trotzige Hängenbleiben an dem Traum einer Groß-EU, einer Form der „Vereinigten Staaten von Europa“ bekannt ist. Und das, obwohl gerade ihr Freund George Soros mit seinen Kompanen des Tiefen Staats, diese EU als Machtinstrument für die Kapitalisten nutzt.
Nach dieser Zusammenfassung des Buches durch Herrn Jan Müller urteilend, will ich großteils zustimmen.
Die Skepsis Müllers bezüglich der weiteren Entwicklung der EU teile ich vollkommen.
Die Nationalstaaten müssen bestehen bleiben und die Idee der subsidiären EU der Vaterländer soll Zug um Zug verbessert umgesetzt werden.
Die Strukturen haben sich Jahrzehnte bis Jahrhunderte lang mühsam entwickelt – das jetzt einfach umzustossen, würde im Chaos enden.
Trotzdem könnte man die immer noch gut funktionierende Schweiz – mit der beträchtlichen Selbstbestimmtheit der Kantone und der Regierung durch den kleinen Bundesrat – zumindest in Teilen als Vorbild sehen.
Die Demokratie funktioniert in kleinen Einheiten am besten – vor allem wenn die Medien weitestgehend unabhängig sind und als 4. Macht gut funktionieren!
Auch Frau Guerot, die ich sehr schätze, erschöpft sich in der Aufzählung der Symptome. Ihre Lösungen sind politische Homöopathie, denn auch sie schafft es nicht, bis zu Ende zu denken und den Kapitalismus als die Wurzel allen Übels zu erkennen. Frau Guerot lehnt den Kapitalismus und den Sozialismus ab. Eine schizophrene Vorstellung. Wenn sie vom chinesischen Modell schwärmt, dann weiß sie offensichtlich nicht, dass das Ziel der Chinesen der Sozialismus ist.
Rosa Luxemburg hat es treffend auf den Punkt gebracht: Sozialismus oder Barbarei.
„Jan Müller““““ schreibt vom chinesischem Modell!
Kapitalismus ohne Einhegung war nicht mal im Manchester Liberalismus möglich.
Die machten es notwendigerweise gleich selber!
Das Buch habe ich mir mal bestellt, da bei diesen Vorverissen mein Interesse geweckt wurde.
Vor allem weil beim zuhören bei Frau Guerots Schnellsprache, im Gegensatz zu den jetzt üblichen Philosophen und Philosophinnen, ohne das penetrante „Namedropping“, mitgedacht werden kann.
Das sollte im Buch noch leichter möglich sein!
Eine Apotheose an die Opferthese!
Die ganzen Pazifisten und innerlichen Biogärtner schreiten zur Wahlurne, verrutschen in der Zeile und kommen greinend nach Hause: Schatz, ich habe schon wieder Kriegstreiber, Zwangsimpfer und Monsantofreunde gewählt! Ich bekomme es einfach nicht hin. Ich bin ein Opfer!
Das dümmste Volk der Erdgeschichte sind klar die Trojaner! Die Zweitdümmsten sind die Ukrainer, die Land und Nation auf immer geselbstmordet haben. Die Drittdümmsten die Deutschen, die nach zwei verlorenen Weltkriegen gegen Russland überzeugt sind, einen dritten gewinnen zu können!
Der Rest der Europäer kommt aber immerhin noch als Titelanwärter für den vierten Platz in Betracht.
Die Dumpfbacken sind intelligenter als geglaubt, da sie sich selbst aus dem Spiel nehmen. Sie haben offenbar eine Erkenntnis gehabt, die armen Opfer!
Ich werde das Buch wegen der Bestandsaufnahme dennoch lesen müssen, Mist, für 25 Euro bekommt man immerhin noch etwas Milch, Fleisch und Zwiebel.
Einen Fehler sehe ich jetzt schon: Wie sollte die EU ohne Öl und Gas Wirtschaftswachstum erzeugen?