
EuGH-Urteil erschwert Abschiebungen: Asylrecht in der EU gestärkt
Ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird Abschiebungen aus der EU erschweren und stärkt das Asylrecht innerhalb der Union.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erschwert mit seinem Urteil vom Freitag eine härtere Abschiebepolitik für EU-Staaten. Laut dem Urteil darf ein Drittland nur als „sicherer Herkunftsstaat“ gelten, wenn es für alle Personen – ohne Ausnahmen für bestimmte Gruppen – sicher ist. Nur in solche „sicheren Staaten“ dürfen EU-Staaten abschieben, und nun gibt es noch weniger solcher Länder.
Das Urteil bezieht sich auf den Fall von zwei bangladeschischen Staatsangehörigen. Sie wurden im Mittelmeer gerettet und in ein albanisches Abschiebezentrum gebracht. Das Zentrum ist Teil des Italien-Albanien-Modells von Giorgia Meloni, das vorsieht, abgelehnte Asylbewerber außerhalb des Landes in Lagern in Drittstaaten zu halten, bis sie in ihr Herkunftsland gebracht werden.
Ihre Asylanträge wurden in einem beschleunigten Grenzverfahren abgelehnt, da Italien Bangladesch per Gesetz als sicheren Herkunftsstaat eingestuft hatte. Die Kläger warfen vor, dass die Einstufung nicht überprüfbar sei, da Informationsquellen fehlten. Der EuGH gab ihnen – wenn auch nicht uneingeschränkt – recht.
Die wichtigsten Punkte laut EuGH:
- Die Informationen, auf denen die Einstufung basiert (z. B. zu Rechtssystem, politischer Lage und Menschenrechten), müssen für Antragsteller und Gerichte nachvollziehbar sein. Fehlende Transparenz verletzt das Recht auf effektiven Rechtsschutz.
- Richter dürfen zusätzliche zuverlässige Informationen einholen, solange beide Seiten sich äußern können.
- Bis zum Inkrafttreten einer neuen EU-Verordnung am 12. Juni 2026 darf ein Land nicht als sicher gelten, wenn bestimmte Kategorien (z. B. LGBTIQ+-Personen, Frauen oder Minderheiten) Verfolgung riskieren. Ein Land muss „generell und durchgängig“ sicher sein – ohne Folter, Verfolgung oder Gewalt.
Richterin Küllike Jürimäe erklärte in einer Videoerklärung: „Die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat basiert auf der Bewertung des gesamten Landes. Sie darf nur erfolgen, wenn kein Risiko für irgendjemanden besteht.“ Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen: Abschiebungen nach Syrien oder Afghanistan, aber auch in die Türkei, den Iran oder Indien – oder überhaupt in die meisten Teile der Welt – werden damit nur noch sehr schwer durchsetzbar sein. Sie verstoßen gegen EU-Recht.
Das „Italien-Albanien-Modell“ ist hart getroffen. Seit März 2025 dienen albanische Einrichtungen als Rückführungszentren für von Italien abgelehnte Asylbewerber. Die Einstufung sicherer Länder war Voraussetzung für schnelle Verfahren dort. Diese sicheren Länder können nun ihren Status verlieren, wenn sie nicht „für alle“ sicher sind. Auch die Europäische Kommission hatte Melonis Pläne zuletzt zunehmend unterstützt. EU-Asylreformen stehen nun vor noch höheren Hürden.
Die NGO Pro Asyl begrüßt das Urteil: „Der EuGH hat das Offensichtliche festgestellt: Wenn bestimmte Menschen in einem Land verfolgt werden, ist es kein sicherer Herkunftsstaat!“, sagte die rechtspolitische Sprecherin Wiebke Judith. Die laut ihrem Wortlaut „rechtsfreien Zonen“ in Albanien seien nun stark unter Druck.
Bild „South Sudanese Migrate Home by Thousands“ by United Nations Photo is licensed under CC BY-NC-ND 2.0.
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Asylantrag ablehnen – Aufenthaltsverbot aussprechen – keine finanziellen Zuwendungen mehr für nichtberechtigte Fremde geben und wer nicht freiwillig die Ausreise antritt geht in Haft bis er ein Land für seine Ausreise gewählt hat. Luxemburg oder das Herkunftsland der Richterin (Estland) würden sich treffend anbieten. Wer um die halbe Welt reist um in A oder D Asyl zu rufen, kann auch wieder weiter reisen, und zwar ohne staatlicher Hilfe wie Abschiebung!
Deutschland ist demnach auch kein sicheres Herkunftsland.
Insofern müssten alle Asylbewerber an der Grenze abgewiesen werden.
„Verfolgung riskieren“ also, aha, aha. Weiß jemand, wie das definiert ist? Das wäre ja sehr, sehr interessant zu wissen.
Zweite Frage in die Runde: wie halten es denn eigentlich erfahrungsgemäß die EU-Länder mit EuGH-Urteilen? Werden die strikt bevolkt? Wüsste ich bitte auch gerne.
Hallo, ja EuGH Urteile sind rechtlich bindend und werden in der Regel befolgt. Wenn ein Mitgliedsstaat sie missachtet, leitet die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren ein.
SESAM ÖFFNE DICH / ASYL
[Extrakt]
„Die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat basiert auf der Bewertung des gesamten Landes. Sie darf nur erfolgen, wenn kein Risiko für irgendjemanden besteht.“
„Der EuGH hat das Offensichtliche festgestellt: Wenn bestimmte Menschen in einem Land verfolgt werden, ist es kein sicherer Herkunftsstaat!“
EIGENE GEDANKEN
Nach diesen Definitionen ist Deutschland ebenso wenig ein sicheres Herkunftsland. Auch hier zu leben ist, mittlerweile aus den unterschiedlichsten Gründen, der Gesundheit nicht gerade zuträglich.
Kann ein Deutscher jetzt also überall in der EU Asyl beantragen? Ja…? Nein…? Ein aussterbender Indigener aus D wird da wohl benachteiligt…
Tja, soviel dazu!