Sanfte Gewalt – die Rolle von Kunst und Kultur für den Imperialismus

9. Dezember 2024von 4,6 Minuten Lesezeit

Die Unterwerfung von Nationen oder ganzen Regionen mit Waffengewalt wird erleichtert und verstetigt durch die Anwendung von sogenannter Soft Power. Wir brauchen nur einen der TV- oder Radiosender aufzudrehen und wir werden überschüttet mit US- und generell englischer Musik, sowie extrem schwachsinnigen, Gewalt-verherrlichenden Filmen aus Hollywood. Eine Form davon ist die Integration und Unterordnung fremder Kultur.

In Europa haben nur wenige Länder dieser Soft-Power-Masche widerstanden, so zum Beispiel Griechenland, das schon wegen der Schrift und einer mehrtausendjährigen Kultur nicht so einfach zu knacken war. Rasch ging es jedenfalls bei Deutschland und Österreich, in Italien kann man dageegen noch immer Sender mit italienischer Musik finden, allerdings sind die im Gegensatz zu vor 30 oder mehr Jahren schon deutlich in die Minderheit geraten.

Ebenso wirksam und erfolgreich ist das Konzept der Unterordnung durch Inklusion. Vorgeführt wird es schon längere Zeit durch die  Übernahme der Grünen und den Salonlinken als  Fußsoldaten des Imperialismus. Das Konzept haben nun unter US- und israelischer Anleitung auch die islamistischen Terroristen vor ihrem Überfall auf Syrien umgesetzt. Kirchen werden nicht mehr gleich bombardiert, sondern zunächst sogar gefördert. Man hat sich ein freundliches Antlitz zugelegt, das von den westlichen Jubel-Medien sofort propagiert wurde.

Die Seidenstraßen Ausstellung im British Museum ist ebenfalls ein interessantes Beispiel für sanfte Macht in einer „inklusiven“ Welt, wie Gerry Nolan analysiert. Es sei faszinierend zu sehen, wie der Westen sein Konzept der „Soft Power“ anpasst. In der Vergangenheit bedeutete Soft Power, durch Kultur und Wirtschaft zu überzeugen (bzw. zu imponieren), sei es in der Kunst, im Film, in der Gastronomie, bei Industrieprodukten oder im politischen System. Sogar hübsche Mädchen – Marilyn Monroe oder die Kardashians – waren Waffen der Soft Power. Doch unabhängig vom Medium ging es bei der Soft Power immer darum, andere von der Attraktivität (Überlegenheit) des Westens zu überzeugen, damit das Objekt der Soft Power danach strebt, wie der Westen zu sein und natürlich die westliche Führung zu akzeptieren.

In den letzten Jahren hat sich ein neues Konzept von Soft Power herausgebildet. Statt einer Demonstration von (vermeintlicher) Überlegenheit geht es bei dieser neuen Soft Power um Inklusivität. „Seht, wie sehr wir euch schätzen!“. „Wir lieben euer Essen/Musik/Kunst“. „Ihr seid so wichtig und einzigartig!“ Ähnlich präsentieren sich nun auch die ISIS-Terroristen in Syrien.

Aber das Ziel dieser neuen Soft Power ist nicht Gleichheit, sondern Assimilation, Absorption der Stärken der anderen durch Schmeichelei, während die Zentralität und Unentbehrlichkeit derjenigen, die die Soft Power ausüben, erhalten bleibt.

Die Seidenstraßen-Ausstellung, die derzeit im British Museum zu sehen ist, ist ein perfektes Beispiel für diese neue sanfte Macht. Wunderschöne, exquisit ausgestellte Objekte und eine fesselnde Erzählung. Aber interessanterweise geht es in der Ausstellung vor allem um den Westen, wenn man einen Schritt zurücktritt. Offensichtlich geht es bei der Seidenstraße ebenso sehr um Skandinavien und Westeuropa wie um Zentralasien oder China…

Kamelkarawanen, die Wüstendünen durchqueren, Händler, die auf Basaren mit Seide und Gewürzen handeln – das sind die Bilder, die uns in den Sinn kommen, wenn wir an die Seidenstraße denken. Doch die Realität geht weit darüber hinaus. Und zwar so weit, dass die Seidenstraße, wenn wir allein nach dieser Ausstellung urteilen, nicht so sehr eine einzigartige Reihe von Händlern, Völkern und Kulturen ist, sondern im Wesentlichen eine Handelsroute nach, für und über Europa.

Das ist die neue Soft Power, „ihr seid so faszinierend und exquisit“.

Was die Seidenstraßen-Ausstellung letztlich zeigt, ist nicht das Wunder der Verbindung oder des gegenseitigen Austauschs von Zivilisationen, sondern die unerbittliche Fähigkeit des Westens, sich in jede Geschichte einzumischen. Es reicht nicht aus, die Seidenstraßen so zu bewundern, wie sie waren: ein dynamisches, multipolares Netzwerk von Kulturen, das Asien, Afrika und den Nahen Osten umspannte. Nein, die Geschichte muss umgeschrieben werden: Bei den Seidenstraßen ging es in Wirklichkeit die ganze Zeit um die westliche Zivilisation. Wie praktisch.

Das ist keine Inklusivität, sondern eine lächelnde Aneignung. Die Objekte sind exquisit, die Erzählungen fesselnd, aber der Subtext ist klar: „Ihr seid faszinierend, aber nur, weil wir uns entschieden haben, euch anzuerkennen. Und eure Geschichte ist nur wichtig, weil sie eine Verbindung zu uns hat.

Das British Museum zeigt nicht nur Artefakte, sondern auch die Mechanismen der modernen Soft Power, Schmeichelei als Form der Dominanz, „Anerkennung“ als Methode der Absorption. Unter der Oberfläche der Ausstellung verbirgt sich eine implizite Botschaft: Die Seidenstraßen mögen sich über Tausende von Kilometern erstreckt haben, aber alle Wege führen nach London.

Hier sind wir also, geblendet von Schätzen, die den Reichtum der globalen Mehrheit repräsentieren, nur um festzustellen, dass sie in den Dienst der westlichen Zentralität gestellt wurden. Das ist das Paradoxon der modernen Soft Power: Sie verspricht Respekt und Einbeziehung, aber nur, solange sich die Geschichte um den Westen dreht.

Vielleicht ist das die bleibende Wahrheit: Egal wie faszinierend der „Andere“ auch sein mag, in dieser Erzählung ist er nie der Protagonist, sondern nur eine exquisite Nebenfigur in demselben alten westlichen Drehbuch.

Bild: fdecomite, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

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10 Kommentare

  1. Varus 10. Dezember 2024 um 11:19 Uhr - Antworten

    Vorgeführt wird es schon längere Zeit durch die Übernahme der Grünen und den Salonlinken als Fußsoldaten des Imperialismus.

    Allerlei Salonlinke laufen auch hier massiv herum mit Erzählungen, wie grandios wir im real existierenden Sozialismus gehabt haben sollten (der den Typen:innen wohl erspart blieb). Auch wenn Soros & Co viel Kohle ausgegeben, es reicht nun mal nicht für jeden Salonlinken des Planeten.

  2. Andreas I. 10. Dezember 2024 um 9:45 Uhr - Antworten

    Hallo,
    es ist erfrischend, andere Musik oder andere Filme zu genießen, aber das ist ähnlich wie mit Propaganda, womit man überall überschüttet wird, und Information, die man gezielt suchen muss.

    Übrigens freue ich mich schon, wenn auf Geburtstagen gesungen wird ,,weil heute dein Geburtstag ist…“ o.ä.
    Denn in Deutschland ist ,,happy birthday“ normal und es kommt niemandem komisch vor. Es wird überhaupt nicht mehr als anderssprachig wahrgenommen.
    Auch hatte ich mal ein Gespräch mit jemandem, der es schlimm fand, wenn Namen und Schilder z.B. von Ladengeschäften ausländisch sind, nicht auf Deutsch. Aber er meinte damit Araber, Asiaten oder Afrikaner. Er brauchte regelrecht einen Moment um zu schalten, als ich ihm beipflichtete (dass fremdsprachige Benennungen doof sind) und dann aufzählte: Servicecenter, Backpoint, coffee to go, german parcel, facility management o.ä., denn die hatte er nicht gemeint, englische (oder pseudoenglische) Bezeichnungen in Deutschland waren für ihn normal.

    • Varus 10. Dezember 2024 um 10:20 Uhr - Antworten

      Denn in Deutschland ist ,,happy birthday“ normal und es kommt niemandem komisch vor.

      Ich habe keine Probleme damit, US-Serien wie „Navy CIS“ oder „Castle“ zu schauen und in den Werbepausen antiwestliche Dinge hier zu schreiben. Auch wenn diese Serien in NYC oder Washington spielen – mein Traum manchmal: Ein geheimer Knopf, mit dem ich ohne jegliche Spuren mit Sim-Salabim-Technik sämtliche Trafos in NYC oder Washington pulverisieren könnte, was diese Städte ins Chaos stürzen würde. Hätte ich so etwas in den Händen – würde ich mit der Nutzung zögern? (Ich vermute, das würde bereits reichen, die USA so weit zurück zu werfen, dass die US-Weltherrschaft für immer vorbei wäre.)

  3. Jan 10. Dezember 2024 um 2:41 Uhr - Antworten

    Das war sicher so bei der Alexandrinischen, Griechischen und Römischen Expansion.

    Aber doch nicht 2024 in London! Hier geht es darum den Londonern eine Größe zu suggerieren, während ihnen der Dolch in den Rücken gerammt wird.

    Angenommen, die Gen-Spritzleins würden die Chance auf gesunden Nachwuchs deutlich reduzieren und angenommen Hardcore-Fundamentalisten in London hätten eine höhere Impfzögerlichkeit als die woken Gates-Freunde. Könnte Fergueson hier einmal eine Modellierung vorlegen?

  4. Dr. Rolf Lindner 9. Dezember 2024 um 23:22 Uhr - Antworten

    Es gibt einige Gründe dafür, dass wir die Grenze für einige Millionen Stupsnasen anstelle von Hakennasen weit öffnen.

  5. therMOnukular 9. Dezember 2024 um 23:09 Uhr - Antworten

    Warum muss ich da an eine DDR-Schlagzeile denken: „Über 80% der Künstler der DDR unterstützen die Friedenspolitik der SED“
    (damals war man noch richtig bescheiden)

    Das „Herrenmenschentum“ feiert sein Jubiläum und die „Kultur“ ist (schon wieder) vorne mit dabei.

  6. Antermoya 9. Dezember 2024 um 22:02 Uhr - Antworten

    Dieser britische Wunschtraum, die Endstation der Seidenstrasse zu sein, wird bei Putin einen Lachanfall auslösen.

  7. triple-delta 9. Dezember 2024 um 15:50 Uhr - Antworten

    An der Stelle wäre eine Beschäftigung mit Albanien und Hotscha ganz interessant, der wehemend gegen die Unterwanderung durch die westliche Kultur gekämpft hat. Das machte es dem Westen auch leicht, ihn als bösen Diktator darzustellen.

    • Antermoya 9. Dezember 2024 um 22:00 Uhr - Antworten

      Trifft auch noch auf sehr viele andere Dämonisierte zu …

  8. Andrweas 9. Dezember 2024 um 14:16 Uhr - Antworten

    Sehr schön gesagt, Herr Mayer.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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