Müssen wir kriegstüchtig werden? Wer schweigt stimmt zu!

22. August 2024von 6,1 Minuten Lesezeit

„Qui tacet, consentire videtur“ wird Bonifatius VIII zugeschrieben. Auf der Straße seinen Protest zu zeigen, zu demonstrieren, dass man mit bestimmten Machenschaften der Mächtigen nicht einverstanden ist, ist eine der Möglichkeiten nicht zu schweigen.

Aber immer wieder hört man: „Demos bringen nichts!“ Ein Grund für viele, ihr Gesicht nicht mehr auf der Straße zu zeigen und ihr Demonstrationsrecht nicht mehr wahrzunehmen. Das ist richtig, wenn immer kleinere Teilnehmerzahlen dem Staat überdeutlich signalisieren, dass es den Menschen letzten Endes egal ist, was „die da oben“ tun.

Denn es bleibt dabei: wer schweigt, stimmt zu.

In Österreich fiel die bereits gesetzlich verankerte Impfpflicht, nachdem sich die Schlange der Demonstranten auf der Wiener Ring-Runde „in den A … biss“. Der Demozug war so lang, dass die Ersten bereits ankamen, als die Letzten gerade los gingen. Da wurde den Regierenden klar, dass sie den Zwang gegen diese Masse nicht durchsetzen können.

Die Masse kann also sehr wohl etwas bewirken. Aber die Masse geht eben lieber ins Schwimmbad, Shoppen, zu Olympia oder in die Kneipe – hat es lieber bequem, als sich für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung einzusetzen.

Ich sage natürlich nicht, dass Demonstrationen der einzige Weg sind, den man gehen kann und soll. Im Gegenteil. Aber ich finde meist dieselben Aktivisten, die ich auf Demos kennengelernt habe, in den Selbstversorgergruppen oder anderen alternativen Projekten wieder, mit denen man aus dem System aussteigen kann. Es sind nach meiner Erfahrung immer dieselben, die aktiv werden. Da und dort.

Und natürlich können viele motorisch eingeschränkte oder kranke Menschen nicht auf die Straße gehen. Aber ich habe am 3.8. in Berlin auch überraschend viele mit Krücken, Rollstuhl bzw. Rollator gesehen. Stattdessen können Kranke diesen Artikel und die darin enthaltenen Termine zumindest mehrfach in den sozialen Medien, Whatsapp und anderen Messengern teilen und andere motivieren, auch in ihrem Namen aktiv zu werden.

Es ist wie so oft: wer nicht will, findet einen Grund, wer will, findet einen Weg! Für alle, die nach Wegen suchen, hier einige Möglichkeiten, wo man in den nächsten Wochen sein Gesicht zeigen kann.

Die kommenden Termine

1.9.2024 München

Thema: Friedensfestival München

Beginn 14.00 Uhr

Ort: Marienplatz

Veranstalter: München steht auf

Details: Beim Friedensfestival München, das am Marienplatz startet, erwarten die Teilnehmer LIVE-Auftritte von Uwe Steimle, Kilez More, Jens Fischer Rodrian, Guido de Gyrich, Alexa Rodrian, Äon, Ulrike Guérot, Bustek & Lapaz, Morgaine, Nina Maleika, Kayvan Soufi-Siavash, Dieter Dehm und von Überraschungsgästen. Hinzu kommen Video-Einschaltungen prominenter Künstler, Journalisten, Politiker und Friedensaktivisten. Im Rahmen dieses Anti-Kriegstags findet auch ein Umzug durch die Münchner Innenstadt statt.

14.9.2024 Wien

Thema: Wir für den Frieden in der ganzen Welt

Beginn 14.00 Uhr

Ort: Siegmund-Freud-Park

Veranstalter: fairdenken austria, Menschheitsfamilie

Details: Mit namhaften Rednern wie Gerhard Huber (Freiheitstrychler), Maria Hubmer-Mogg u.a. sowie Musikern wie Kilez More und Ingmar Stoll, dem singenden Zimmermann, setzen wir ein Zeichen für den Frieden und die Neutralität Österreichs. Wir gehen gemeinsam durch die innere Stadt, um den Menschen deutlich zu machen, wie wichtig Frieden für uns alle ist. Nur gemeinsam werden wir erreichen, dass Menschen nicht mehr zur Waffe greifen müssen, deshalb unsere Devise „Diplomaten statt Granaten“. Zusammen mit den Freiheitstrychlern aus der Schweiz ziehen wir durch die Innenstadt und wünschen uns ganz viele Unterstützer. Wir laden alle ein dabei zu sein, egal welcher Farbe, Nationalität oder Gesinnung – jeder, der für Frieden, Freiheit und ein souveränes Volk ist, ist uns ganz herzlich WILLKOMMEN.

21.9.2024 Wien

Thema: Sternmarsch & Kundgebung: Stopp dem Krieg in der Ukraine! Stoppt den Krieg in Palästina!

Beginn 14.00 Uhr

Ort: Westbahnhof – Praterstern – Hauptbahnhof, Demozüge zum Heldenplatz mit der Schlusskundgebung um 16.00 Uhr

Veranstalter: Stimmen für Neutralität

Details: Seit Beginn des Krieges in der Ukraine investierten die EU-Staaten 480 Milliarden Euro in die Aufrüstung und in den Krieg. Auch Österreich plant mit „Sky Shield“ und neuen Panzern weitreichende Investitionen in Waffen. Allein die zusätzlichen Ausgaben bis 2027, insgesamt 16 Milliarden Euro, entsprechen rund zwei Dritteln der gesamten jährlichen Bildungsausgaben in Österreich. Das Bündnis „Stimmen für Neutralität“ bereitet einen Sternmarsch am 21.9.2024 vor. Wer mitmachen will, meldet sich auf der Website des Bündnisses, an dem u.a. auch Selbstbestimmtes Österreich beteiligt ist.

29.9.2024 Bodensee

Thema: Friedenskette 2024 am Bodensee/Friedensee

Beginn 14.00 Uhr

Ort: Anfang des Überlinger Sees

Veranstalter: Initiative Friedenssee

Details: Bodensee/Friedensee –  lago di pace, lac de paix, lake of peace  steht für Frieden und Freiheit. Kundgebung, Demonstrationen und Friedenskette von friedensbewegten Menschen aller Länder. Wir stehen zusammen für eine bessere Welt, gegen die Spaltung und Diskriminierung. We stand together for a better world. We are humans.

3.10.2024 Berlin

Thema: Initiative „Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder“

Beginn 12.30 Uhr

Ort: Hauptkundgebung am Brandenburger Tor

Veranstalter: Nie wieder Krieg

Details: Unter dem Motto „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität.“ findet erneut eine bundesweite Friedensdemonstration in Berlin statt, die von namhaften Friedensorganisationen, Politikern, Institutionen, Professoren und Friedensaktivisten unterstützt wird.

Die Auftaktkundgebungen beginnen ab 12:30 Uhr

  • Willy-Brandt-Haus (für Berliner Einzugsbereich)
  • Alexanderplatz (Neptunbrunnen) (für Anreisende mit Bussen)
  • Invalidenpark (Nähe HbF) (für Zuganreisende)
  • Sternmarsch mit drei Demonstrationszügen. Beginn um 13:00 Uhr

Beginn der Kundgebung auf dem „Platz des 18. März“ (Brandenburger Tor) um 14:00 Uhr, Hauptkundgebung mit Rednern und Kultur um 14:30 Uhr, Kundgebungsende 16:00 Uhr

Und jeden Sonntag: Steyr

Thema: Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung in allen Facetten

Beginn: meist 17.30 Uhr

Ort: meist Stadtplatz Steyr

Details: Wem München zu weit ist: Am 1.9.2024 gehen engagierte Aktivisten bereits zum 191. Mal auf der Straße. Sie sind unabhängig, parteilos und demonstrieren durch ihre Spaziergänge, eingeleitet durch einen kurzen Impulsvortrag eines eingeladenen, oft sehr renommierten Redners, dass ihnen diese Werte so wichtig sind, dass sie nicht aufgeben sich für einzusetzen. Und das, obwohl sie schon öfters als „Nazi“ und „Rechte“ beschimpft wurden und auch vom Staatsschutz ein Auge auf sie geworfen wurde. Zwischen 70 und 120 Menschen, die an das kleine gallische Dorf erinnern und durch ihr Tun ein klares Zeichen setzen: „Wir schweigen nicht!“ Und wer am 1.9. keine Zeit hat: auch am 8.9., 15.9., 22.9. und allen folgenden Sonntagen besteht die Möglichkeit, sich dieser engagierten Truppe für den Frieden anzuschließen.

Wie wichtig ist Frieden?

Nicht bei jedem Veranstalter lege ich meine Hand dafür ins Feuer, dass es sich nicht um gesteuerte Opposition handelt oder dass keine parteipolitischen Interessen vertreten werden. Das ist in meinen Augen aber unerheblich.

Bei allen persönlichen Zweifeln: es geht um Frieden. Da ist es eben wichtig Gesicht zu zeigen. Das Thema muss im Vordergrund stehen, es darf keine Rechts-/Links-Debatten, keine persönlichen Animositäten geben. Auch wenn es schwerfällt.

Erst wenn es gelungen ist, die potentielle Eskalation der Kriege zu unterbinden und an den aktuellen Kriegsschauplätzen zumindest ein dauerhafter Waffenstillstand herrscht, können wir uns den Luxus erlauben, uns über politische Positionen zu streiten – ganz im Sinne von Willy Brand.

„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“, Willy Brandt, 3. November 1981

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12 Kommentare

  1. Jurgen 24. August 2024 um 13:21 Uhr - Antworten

    Man muss diese Vertragsofferten im Handelsrecht – mehr können die nicht! – aktiv ablehnen, wenn sie eingetütet werden, z.B. Zensus, Büregergeld, usw.
    Denn alle diese Vertrage sind im Handelsrecht begründet. Aber stellenweise kommen die Auswirkungen erst Jahre später. Wenn man nicht rechtzeitig widersprochen hat, geht dann aber nichts mehr, weil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen wurde und Nichteinspruch Zustimmung bedeutete.

  2. rudifluegl 23. August 2024 um 1:40 Uhr - Antworten

    Danke für die gewissen Bisse!!!

  3. Georg Uttenthaler 23. August 2024 um 0:21 Uhr - Antworten

    Die Kriegstreiber in D. haben alle das Privileg der späten Geburt und haben von NICHTS eine Ahnung. Dadurch ist Deutschland heute ein Sanierungsfall, der wie 1933 aus dem letzten Loch pfeift. Solche Länder will niemand haben, Putin schon gar nicht.

    Deutschland plant also, wieder dorthin zu gehen, wo sie schon zweimal auf die berühmtberüchtigte „grosse Schnauze“ gefallen sind und jahrzehntelang herausposaunt haben: NIE WIEDER… in den 3. WK! Diese Leute leiden dermassen am deutschen Grössenwahn, dass D. schnellstens einen ganzen Ort in eine geschlossene Psychiatrie umbauen muss, um diese Figuren wie Pistolerius dort zu versorgen! Nicht nur einer, sondern die ganze Regierung ist mit Blödheit, Arroganz, Selbstzerstörung und Infantilität geschlagen! Entschuldigung: Nicht „Deutschland“ – nur eine verkommene „Elite“ aus „Taugenichtsen“..

    Weder die „Mad Dogs“ der NATO noch die „Kettenhunde“ der EU sind jemals mittels demokratischen Volksentscheidungen dazu legitimiert worden, durch ihre unvernünftige Agitation, Ukrainer und Russen und in letzter Konsequenz unsere Töchter und Söhne auf den Schlachtfeldern zu opfern. Die Völker und die Menschen wollen in absoluter Mehrheit Frieden und in Frieden leben…..Es benötigt jetzt und sofort unser aller Widerstand. Der fängt 3cm unter Schädeldecke an!!!

  4. Andreas I. 22. August 2024 um 20:46 Uhr - Antworten

    Hallo,
    Demonstrieren ist wirkungslos, weil dabei finanziell alles beim Alten bleibt.

  5. Varus 22. August 2024 um 17:12 Uhr - Antworten

    Aber ich finde meist dieselben Aktivisten, die ich auf Demos kennengelernt habe, in den Selbstversorgergruppen oder anderen alternativen Projekten wieder, mit denen man aus dem System aussteigen kann.

    Ich will nicht aus dem System aussteigen, sondern dass das Woke System aussteigt und der traditionell begriffenen Normalität Platz macht. Es ist nicht nur Bellizismus – auch Oligarchen-Abzockeschemen wie Klimagedöns und Plandemien. Dazu die Tsän-Suhr, die ich zum Ostblock-Ende überwunden glaubte. Damals begann die Wende mit Glasnost, mit Meinungsfreiheit.

    Frei nach Reagan: Tear down this digital Wall!

    • Andrea Drescher 22. August 2024 um 20:09 Uhr - Antworten

      schön, dass sie das wollen. was tun sie dafür? ich meine ausser regelmässig kommentarspalten zu füllen?

      • Varus 23. August 2024 um 8:19 Uhr

        Wir leben in digitalen Zeiten – muss der Widerstand ausschließlich analog sein? Meine Eltern betätigten sich in der „Kämpfenden Solidarität“; mein Vater war mit Morawiecki Senior befreundet. Zu den wichtigsten Tätigkeiten gehörte unabhängiger Umlauf der Infos und Ideen; die Samizdats (wir versteckten übrigens im Keller das Archiv sämtlicher Samizdats, welche die „Kämpfende Solidarität“ selber herausgegeben hat oder in die Hände bekommen konnte – meine Mutter hat das Zeug kurz vor dem Tod einem historischen Archiv übergeben). Heute muss aber niemand Papier bedrucken – es geht digital, zumindest bis das Digital Wall es 100%-ig verhindert. Auch in diversen Webforen kann man zumindest ein wenig (in der dem übrigen Leben geklauten Zeit) beitragen.

        So habe ich zum Beispiel kürzlich einen UncutNews-Artikel verlinkt über einen australischen Ex-Botschafter, der warnt, das US-Streben nach Vorherrschaft bedrohe die gesamte Menschheit. Es scheint mir wichtig zu sein – solche Bedenken verbreiten sich im Westen sogar innerhalb der dortigen Eliten, zumindest der richtigen – während etwa die Weltinnenplappern-Ministerin eh nur plappert, was befohlen wird. Vielleicht möchte jemand von der TKP-Redaktion den australischen Diplomaten in einem der Artikel erwähnen? In diesem Fall hätte ich ein klein wenig was beigetragen – vermutlich eh mehr als 90% der Michels.

        Auch im Ostblock war übrigens die Mehrheit passiv – die meiste Zeit.

    • Daisy 23. August 2024 um 8:16 Uhr - Antworten

      Haditsch hat sich sehr bemüht, aber kaum jemand nimmt noch von ihm Nodiz. Er hat einen eigenen YT Kanal.

      Der Report 24 hat davon berichtet: „Die globale Entwicklung in Richtung eines lückenlosen Überwachungsstaates schreitet voran“: Prof. DDr. Martin Haditsch spricht in einem aktuellen Video eine deutliche Warnung aus, analysiert verheerende Fehlentwicklungen und ruft zum Handeln auf. Er mahnt: Es liegt an den Menschen, sich der Gefahr bewusst zu werden und den Mächtigen Einhalt zu gebieten.“
      Ich habe versucht, den Link zu verbreiten…

      Ich betreibe Widerstand, wo ich kann. So streue ich immer Sand ins Getriebe. Wenn das viele täten, wäre es sehr wirksam… und es ist so einfach oft. Ich habe kein Smartphone in Verwendung etc. Man muss nur nicht mitmachen. ZB reiße ich konsequent die Plastikkappen ab und werfe sie getrennt in den Müll, nicht selten landen sie irrtümlich auch im Papiermüll….

      @Demos: wenns mal alle einsehen, kannst sagen, du warst demonstrieren! Du warst auch offiziell im Widerstand sozusagen. Aber es braucht auch die vielen kleinen Bröserln…

    • Andrea Drescher 23. August 2024 um 9:15 Uhr - Antworten

      das ist aktivismus 2024: mit anonymen profil – aktivismus in kommentarspalten zu betreiben. da verlässt man garantiert nicht die filterblase …

      als anhänger des digitalen zeitalter: was halten sie denn von cbdc also elektronischem geld? und wie wäre es mit dem e-impfpass? machen wir doch gleich alles digital! dann noch den chip ins hirn, dann brauchen menschen nicht mehr zu tippen, sondern können ihre worte gleich ins internet übertragen lassen. ganz im sinne der transhumanistischen agenda.

      • Varus 23. August 2024 um 11:03 Uhr

        was halten sie denn von cbdc also elektronischem geld?

        Aus Prinzip bezahle ich so viel wie möglich nur mit Bargeld – absolut anonym.

        und wie wäre es mit dem e-impfpass?

        Wenn Sie hier einen Link auf eine Petition gegen so etwas in Buntschland posten, werde ich dort schon mit dem Realnamen unterschreiben. So habe ich bereits einige Online-Petitionen gegen Klimagedöns unterschrieben.

  6. R.Fongern 22. August 2024 um 15:26 Uhr - Antworten

    Wir müssen nicht kriegstüchtig sein. Wir müssen uns in Europa schützen vor den politischen Kriegstreibern im EU-Parlament und besonders in der Bundesregierung.Waffenfabriken in Deutschland müssen aufgelöst ind nicht neu gebaut werden. Das Volk muß sich durch die Wahlen politisch von kriegstreibenden Altparteien lösen bzw.diese von ihren Ämtern entheben.

  7. Pfeiffer C 22. August 2024 um 15:24 Uhr - Antworten

    Danke für Ihren Appell-Artikel, Frau Drescher, ich lasse – wieder einmal –

    „…das Glotzen sein und reihe mich ein“ –

    Bedenke: „Krieg ist Frieden“ – oder: 2024 ist 1984

    Es ist soweit. Mit vierzigjähriger Verspätung sind wir endgültig im Orwell‘schen 1984 angekommen. Und ausgerechnet das SPD-Präsidium liefert Sätze, die eins zu eins von diesem Klassiker aller Dystopien abgeschrieben sein könnten.

    Alles klar? Okay, es kann losgehen:

    „Als SPD übernehmen wir Verantwortung dafür, dass kein Kind, das heute in Deutschland geboren wird, wieder Krieg erleben muss. Die Vereinbarung der SPD-geführten Bundesregierung mit der US-Administration, ab 2026 US-amerikanische Raketen mit größerer Reichweite in Deutschland zu stationieren, ist dafür ein wichtiger Baustein.“

    Als Scholz auf der NATO-Jubiläumskonferenz in Washington die Bombe platzen ließ, tönte er lediglich nebulös, dies sei eine sehr gute Entscheidung gewesen, um dann wörtlich fortzufahren: „Wir wissen, dass es eine unglaubliche Aufrüstung in Russland gegeben hat, mit Waffen, die europäisches Territorium bedrohen*.“

    Sein forscher Kriegstüchtigkeitsminister wischte mit einer saloppen Handbewegung vom Tisch, was jedem der vom SPD-Präsidium so rührselig bemühten „Kinder in Deutschland“ mit etwas Erklärung sonnenklar sein dürfte: Die Gefahr, das Land drohe selbst zum Kriegsschauplatz zu werden, sei, so Pistorius, „blanker Unsinn“. Basta!

    Und Annalena Baerbock, frühe Avantgardistin des aktuell so hippen Orwell-Sounds – „Waffen retten Menschenleben“ –, nahm diese Maßnahme prompt zum Anlass, künftige Kritiker präemptiv zu beschimpfen: Diese seien nämlich „nicht nur verantwortungslos, sondern auch naiv gegenüber einem eiskalt kalkulierenden Kreml“.

    Dass Scholz in jungen Jahren mal als strammer Juso gegen die Stationierung von Pershing II-Raketen und – man höre und staune! – Marschflugkörpern auf deutschem Boden demonstriert hatte, Baerbock laut Wikipedia als Kind von ihren Eltern auf eben diese Demos mitgenommen wurde und Pistorius über sechs Jahre Oberbürgermeister der „Friedensstadt Osnabrück“ war, demonstriert lediglich, wie sternenweit sich diese Protagonisten, stellvertretend für ihre Parteien, mittlerweile von ihren Wurzeln entfernt haben.

    *Aber warum stehen eigentlich russische Iskander-Raketen, mit denen der „eiskalt kalkulierende Kreml“ (Baerbock) „europäisches Gebiet bedroht“ (Scholz), im Kaliningrader Oblast? Denn diese – genauere Angaben zu machen, hielt man offiziellerseits bekanntlich für unnötig – werden ja wohl gemeint gewesen sein.

    Dazu reicht es schon fast völlig aus, einen zeitgenössischen Artikel aus dem Berliner Tagesspiegel nochmals zu studieren. Dort stand nämlich am 13. November 2008 unter dem Titel „Russland schlägt ‚Null-Lösung‘ für Raketenstationierung vor“ zu lesen, der damalige russische Präsident Dmitrij Medwedew habe seinem damaligen US-Kollegen Barack Obama vorgeschlagen, keine Raketen in der Exklave Kaliningrad zu stationieren, wenn die USA ihrerseits die Stationierungspläne von Modulen des globalen AEGIS-Raketen’abwehr‘systems – das aufgrund seiner „Offenen Architektur“ mit einer einfachen Softwareveränderung in ein Angriffssystem verwandelt werden kann – in Polen und Tschechien (später: Rumänien) aufgäben.

    Die USA waren zu einem Verzicht auf die Stationierung dieser Module vor der russischen Haustür nicht bereit, und das hatte laut unbarmherziger Abschreckungslogik seine Folgen. Als Donald Trump dann auch noch – ebenfalls ohne sich eine plausible Begründung einfallen zu lassen – Anfang 2019 den INF-Vertrag, der landgestützte Kurz- und Mittelstreckenraketen einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern verbot, kündigte, war der „eiskalt kalkulierende Kreml“ seinerseits ebenfalls nicht mehr an eine Reichweitenbegrenzung gebunden.

    Also wer triggerte eine unglaubliche Aufrüstung in Europa mit westlichen Waffen, die nicht nur europäisches Territorium bedrohen, sondern das Damoklesschwert einer europäischen atomaren Verdampfung binnen 25 Minuten tiefer und schneller schwingen lässt?

    Textgrundlage Globalbridge 20. August 2024 Von: Leo Ensel

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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