Ukrainischer Korruptionsskandal und seine Folgen

12. November 2025von 3,3 Minuten Lesezeit

Zelensky und sein Umfeld werden von einem großen Korruptionsskandal erschüttert. Allerdings wäre es überraschend, wenn in Kiew ein Regime Change passiert.

Ein großer Skandal erschüttert derzeit die Ukraine: Das Nationale Antikorruptionsbüro – das Zelensky im Sommer vergeblich versucht hatte, sich unterzuordnen – hat mehrere einflussreiche Personen im Rahmen einer Untersuchung zu einem 100-Millionen-Dollar-Korruptionsfall im Energiesektor angeklagt. Darunter ist auch Timur Mindich, Zelenskys langjähriger Geschäftspartner, der ins Ausland floh, nachdem er von seiner bevorstehenden Verhaftung gewarnt worden war. Ihm wird vorgeworfen, auch die ehemaligen Energie- und Verteidigungsminister beeinflusst zu haben.

Nun kursieren Spekulationen, dass Zelensky selbst entweder von dieser Korruption profitiert oder zumindest davon gewusst hat, ohne einzugreifen – schließlich ging es um seinen engen Freund. Das führt zu Fragen, ob die USA möglicherweise seinen Rücktritt fordern oder auf andere Weise an seiner Ablösung arbeiten könnten. In den sozialen Medien werden Szenarien diskutiert wie stille Unterstützung für parlamentarische Initiativen zu seiner Entmachtung oder Putschversuche, etwa durch das Militär oder eine Farbrevolution.

Apropos Parlament: Die Partei Europäische Solidarität des ehemaligen Präsidenten Petro Poroschenko hat bereits eine neue Regierung gefordert, um einer möglichen Kürzung europäischer Hilfen unter diesem Vorwand zuvorzukommen. Poroschenko ist einer von Zelenskys schärfsten Rivalen und könnte ihn theoretisch ersetzen, da er Erfahrung in der Staatsführung hat. Allerdings ist ein Regimewechsel in der Ukraine ohne die Unterstützung des SBU extrem unwahrscheinlich – der Sicherheitsdienst hat in den letzten 3,5 Jahren jede Form politischen Dissenses gnadenlos unterdrückt.

Unter Zelensky genießt er nahezu uneingeschränkte Macht, weshalb er keinen Anlass hat, ihn zu stürzen. Auch die USA zeigen kein Interesse an einer Ablösung, die eine Koordination mit dem SBU erfordern würde – selbst wenn es nur darum ginge, dass sie nicht eingreifen. Trotz wiederholter Berichte des russischen Auslandsnachrichtendienstes, die das Gegenteil behaupten. Der einzige Weg zu einem Wechsel wäre Trumps Zustimmung, doch der steht derzeit bestens mit Zelensky.

Ein massiver russischer Durchbruch an der Front könnte das ändern, falls Zelensky sich weigert, Trumps Forderungen nachzugeben – etwa sofortige Zugeständnisse, um den Vormarsch zu stoppen und einen totalen Kollaps der Ukraine zu verhindern. Bisher ist das nicht der Fall, auch wenn es nach der Einkreisung ukrainischer Truppen in drei Schlüsselgebieten nicht ausgeschlossen werden kann. Zelensky hat jedoch genug politisches Gespür, um in solch einer Lage zu kooperieren und Trump nicht zu reizen.

Immerhin weiß er, dass dieser prominente Korruptionsskandal von den USA als Hebel für einen Regimewechsel genutzt werden könnte, falls gewünscht. Deshalb wird er sich vorerst mustergültig verhalten. Das heißt nicht, dass er aufhört, Trump zu manipulieren – wie kürzlich mit der False-Flag-Provokation, die seine Regierung zusammen mit britischen Partnern plante und die der russische Föderale Sicherheitsdienst vereitelt hat. Nur dass offener Widerstand unwahrscheinlich ist, da er mit Zelenskys Sturz enden könnte.

Vor diesem Hintergrund wird der Skandal in der Ukraine wohl nur zu einer Kabinettsumbildung führen: Der SBU hat keinen Grund, einen Regimewechsel gegen Zelensky zu fördern (nicht einmal passiv, indem er andere gewähren lässt), und Trump ebenso wenig (zumindest derzeit). Es schadet seinem Ansehen und dem seiner Regierung noch weiter, und die Europäer könnten Hilfsgelder kürzen, aber Hoffnungen auf größere Konsequenzen scheinen bloße Wunschvorstellungen zu sein.

Bild „Techart GT Street R“ by Philipp Lücke is licensed under CC BY-NC 2.0.

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Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer politischer Analyst, der sich auf den globalen systemischen Übergang zur Multipolarität spezialisiert hat. Er veröffentlicht auf Englisch auf seinem Substack-Blog. Auf Deutsch exklusiv bei TKP.


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6 Kommentare

  1. cwsuisse 13. November 2025 um 13:51 Uhr - Antworten

    Da hat man sich wohl um eine Null vertan. Unter 1 Milliarde tun es die UKR- Oligarchen wohl kaum.

  2. Michael Rosemeyer 13. November 2025 um 11:31 Uhr - Antworten

    Operation Midas verursacht den Sturz der herrschenden Klasse der Ukraine
    2025_11_12
    https://www.voltairenet.org/article223162.html

    Former Deputy Prime Minister notified of suspicion of illicit enrichment
    2025_11_11
    https://nabu.gov.ua/en/news/kolyshn-omu-vitcepremyer-ministru-povidomleno-pro-pidozru-u-nezakonnomu-zbagachenni/

  3. Daisy 13. November 2025 um 6:03 Uhr - Antworten

    Die versuchte False Flag mit einer russischen MiG-31 durch GB sollte eigentlich Konsequenzen haben. Hat es nicht. Diese Lumpen wollten mithilfe eines bestochenen russ. Piloten irgendwo im Westen – vielleicht Berlin, das ja sehnsüchtig auf einen Kriegseintrittsgrund zu warten scheint – einen russ. Angriff mit einer ebenso gestohlenen Hyperschallrakete Kinschal fingieren. Dies hätte den dritten Weltkrieg auch offiziell ausgelöst.

    Kiew und seinen westlichen Geldgebern und Strippenziehern geht der Arsch auf Grundeis. Pokrowsk, das kann man nun schon sagen, ist gefallen. Ich hoffe, es ist bald aus. Orban arbeitet unermüdlich an einem Treffen mit Trump und Putin.
    Natürlich muss Elendskistein zurücktreten, denn für Friedensverhandlungen ist er nicht der richtige Mann. Das könnte der aufgeflogene Korruptionsskandal auch bedeuten. S. wird vielleicht ausgetauscht. Ich drücke die Daumen…

  4. Jan 13. November 2025 um 2:04 Uhr - Antworten

    „dass Zelensky selbst entweder von dieser Korruption profitiert“

    Es ist ein Skandal von Konservativen und Sozis, also CDU/ÖVP und SPD/SPÖ, auf deren Ticket eine Ungewählte mit sichtbar krimineller Energie ständig knapp am Gesetz vorbei Milliarden an den Schneekönig überweist.

    Das Problem ist nicht der kleine Räuberbaron, sondern von der Leyen, die mit ihren Überweisungen den völligen Zusammenbruch von Ukraine und EU-Militärstrategie überhaupt erst möglich macht.

    Die Wähler sollten immer daran denken, wenn sie ihr Kreuz setzen.

    Trump steht nicht super mit Selensky, weil ihm sein Hinterngewackel plötzlich gefallen würde. Nein, er hofft, dass sich Konservative und Sozis mit Selensky einen derart tiefen Splitter einziehen, dass sie auf Jahre unwählbar werden.

    Trump hat seine selbsterklärten Gegner nicht vergessen.

    Es ist fast so, wie mit den Spritzen. Konservative und Sozis wollen den Schaden unbedingt haben!

    Köstlich.

  5. therMOnukular 12. November 2025 um 18:49 Uhr - Antworten

    Nein!

    Doch!

    Oohh!

  6. Glass Steagall Act 12. November 2025 um 12:07 Uhr - Antworten

    Was ist die Steigerung von … korrupt und korrupter? Genau, Ukraine (oder von der Leyen)! Ich möchte (nicht) wissen, wieviel von unseren Steuergeldern bereits auf ukrainischen Privatkonten gelandet ist! Ich vermute mal, mindestens die Hälfte von sämtlichen Lieferungen und Zahlungen in das Land!

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

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