Chinesische Gegenzölle: Wo steht der Handelsstreit?

11. April 2025von 5,8 Minuten Lesezeit

Der Zollstreit zwischen den USA und China hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Peking wird ebenfalls die Zölle auf amerikanische Importe erhöhen. Die Zollspirale eskaliert eskaliert sich hoch. Weder die USA noch China scheinen im Kampf um globale ökonomische Vorherrschaft einlenken zu wollen.

Ab dem 12. April wird China die Zölle von 84 % auf 125 % anheben, nachdem Washington beschlossen hat, chinesische Waren mit Zöllen in Höhe von 145 % zu belegen. Die globalen Märkte haben sich mittlerweile an den Schlagabtausch angepasst, reagieren mit gedämpfter Volatilität aber vom großen Börsenkrach ist nichts mehr zu sehen.

Die Bilanz ist auf dem ersten Blick eindeutig. Chinas Wirtschaft braucht den überreichen Markt der USA – ebenso wie die EU und andere Staaten. Im Jahr 2024 exportierte man Waren im Wert von 525 Milliarden Dollar in die USA – aus den USA importierte man im Wert von etwa 130 Milliarden Dollar. Die Rio Times sieht ein gefährliches „Glücksspiel“ Pekings:

Angesichts eines solchen Ungleichgewichts hat Peking in diesem wirtschaftlichen Patt weit mehr zu verlieren. Die chinesische Regierung kann es sich nicht leisten, die Produktion zu drosseln, ohne Massenarbeitslosigkeit, politische Unruhen und mögliche Anfechtungen der Autorität von Präsident Xi Jinping zu riskieren.

Ohne Zugang zum US-Markt droht China jedoch, die Weltmärkte mit überschüssigen Waren zu überschwemmen, was die Preise drücken und die chinesische Wirtschaft weiter belasten könnte.

Die Märkte spiegeln dieses ungleiche Spielfeld wider. Während der japanische Nikkei um fast 3 % und der südkoreanische Kospi leicht nachgaben, verzeichneten die chinesischen Indizes leichte Gewinne, da sich die Halbleiteraktien aufgrund von Unterstützungsmaßnahmen der Regierung erholten.

[…]

Trotz der Vergeltungsmaßnahmen Pekings haben die USA in diesem Wirtschaftsduell die stärkere Hand. Ihre Wirtschaft ist weniger vom Handel mit China abhängig und verfügt über eine diversifizierte, konsumorientierte Grundlage.

Für Washington sind die höheren Zölle ein kalkuliertes Risiko, um Chinas wirtschaftliche Ambitionen zu bremsen. Für Peking hingegen stehen existenzielle Dinge auf dem Spiel. Der Verlust des Zugangs zu seinem größten Handelspartner könnte seine Wirtschaft destabilisieren und seine Führungsrolle untergraben.

Die Frage, wer die Oberhand hat, scheint klar zu sein: Die USA haben in diesem umkämpften Zollstreit den größeren Einfluss. Für China geht es nicht nur um die Wirtschaft, sondern auch um die politische Zukunft des Landes.

China selbst sieht das freilich anders. Die englischsprachige chinesische Tageszeitung Global Times veröffentlichte am Freitag einen Leitartikel zum Thema. Darin gibt man sich selbstbewusst, siegessicher. Hier die chinesische Sichtweise:

Am Donnerstag traten die Gegenmaßnahmen Chinas gegen die USA in Kraft. Das chinesische Außenministerium, das Handelsministerium und andere Ministerien gaben erneut eine Reihe von Erklärungen ab, in denen sie die feste Haltung Chinas bekräftigten, dass China diese Zoll- und Handelskriege zwar nicht führen will, aber auch keine Angst davor hat. Im Gegensatz zu den unberechenbaren, fast täglich wechselnden „willkürlichen Schlägen“ der US-Regierung hat China durchweg eine ruhige, besonnene und maßvolle Reaktion an den Tag gelegt und der Welt ein China gezeigt, das Druck standhält, standhaft bleibt und große Verantwortung übernimmt.

China hat die Fähigkeit und das Selbstvertrauen, verschiedene Risiken und Herausforderungen zu bewältigen.  Angesichts der unangemessenen „reziproken Zölle“, die von den USA verhängt wurden, hat China einerseits entschlossen die notwendigen Gegenmaßnahmen in Übereinstimmung mit den Regeln der Welthandelsorganisation ergriffen und seine legitimen Rechte und Interessen entschieden verteidigt, während es gleichzeitig das multilaterale Handelssystem und die internationale Wirtschaftsordnung geschützt hat. Andererseits hat China ein Weißbuch mit dem Titel „Chinas Position zu einigen Fragen im Zusammenhang mit den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und den USA“ herausgegeben, in dem es den USA und der Welt erneut klar macht, dass die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und den USA für beide Seiten vorteilhaft sind und für beide Seiten von Vorteil sind und dass die beiden Länder geeignete Lösungen finden sollten, um die Probleme durch Dialog und Konsultation zu lösen.

In der Zwischenzeit wurde die „Politik der Rückerstattung beim Kauf“ für die Rückerstattung der Einkaufs- und Ausreisesteuern für ausländische Touristen eingeführt, und die 137. chinesische Import- und Exportmesse, auch bekannt als Kanton-Messe, sowie die 5. internationale chinesische Ausstellung für Konsumgüter sind im Gange.

Diese von den USA ausgelöste Welle der Gegenreaktion auf die Globalisierung kann weder den unerschütterlichen Kurs von Chinas Riesenschiff ändern noch den gemeinsamen Willen und die kollektive Stärke der chinesischen Gesellschaft erschüttern, in der alle durch dick und dünn zusammenarbeiten. China hat sich immer dafür eingesetzt, „seine eigenen Angelegenheiten gut zu regeln“.

Innenpolitisch fördert sie eine qualitativ hochwertige Entwicklung, schätzt technologische Innovationen und verfolgt Reformen mit einem problemorientierten Ansatz. Auf internationaler Ebene praktiziert es konsequent einen echten Multilateralismus, teilt die Entwicklungsmöglichkeiten mit der Welt durch eine Öffnung auf hohem Niveau und trägt zum Aufbau einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit bei. Chinas Wirtschaft verfügt über einen großen Handlungsspielraum, ein starkes internes Potenzial und einen großen externen Spielraum – sie ist wie ein Ozean, der turbulenten Winden und Stürmen standhalten kann. Chinas „Kampf bis zum Ende“ wird durch starkes Vertrauen gestützt.

In den letzten Tagen haben sowohl die Europäische Union als auch die ASEAN ihre Bereitschaft bekundet, mit China zusammenzuarbeiten, um gemeinsam den Multilateralismus und eine gesunde, stabile Entwicklung des Welthandels zu unterstützen. Die New York Times stellte fest, dass die „Flut“ von Handelsabgaben und die Unvorhersehbarkeit der nächsten Schritte der USA China zu einer „attraktiveren Option“ für Unternehmen gemacht haben, die inmitten der Umwälzungen im Welthandel Angst vor einer übereilten Entscheidung haben. Viele haben sich entschieden, in China zu bleiben, was der ursprünglichen Absicht der USA, maximalen Druck auf China auszuüben und zu „Investitionen in den USA“ aufzurufen, völlig zuwiderläuft. Wie die Deutsche Welle unter Berufung auf Experten feststellte, wird China in diesem Handelskrieg wahrscheinlich die widerstandsfähigere Seite sein.

[…]

Thomas Friedman, Kolumnist der New York Times, beklagte kürzlich, dass der Handelskrieg die USA in einen „Krieg, bei dem es nichts zu gewinnen gibt“, geführt hat. Angesichts der Einschüchterungstaktik der USA, die Zölle als Waffe für maximalen Druck einsetzen, hat China nicht nur seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, auf Krisen zu reagieren, sondern auch seinen Glauben daran, den Trend der Zeit aufzugreifen. In diesem Sinne wird China im Handelskrieg nicht nachgeben, und das muss es auch nicht – wenn der Trend der wirtschaftlichen Globalisierung unaufhaltsam ist und das Konzept einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit tief in den Herzen der Menschen verwurzelt ist, wird jeder Sturm nur eine Fußnote in diesem historischen Prozess sein.

Bild „Yao Ming Got Pushed Around All Night“ by Kris Krug is licensed under CC BY-NC-ND 2.0.

Unsere Arbeit ist spendenfinanziert – wir bitten um Unterstützung.

Folge TKP auf Telegram oder GETTR und abonniere unseren Newsletter.



4 Kommentare

  1. Patient Null 11. April 2025 um 19:38 Uhr - Antworten

    China hat die ganzen Jahre zurückgesteckt. Mittlerweile fühlen sie sich stark genug. Im Gegensatz zur USA ist ihre Wirtschaft weitaus gesünder. Wo die USA Schulden hat, hat China Guthaben.

    Angesichts eines solchen Ungleichgewichts hat Peking in diesem wirtschaftlichen Patt weit mehr zu verlieren.

    Das wird sich noch zeigen. Aktuell stellen weltweit Hersteller Lieferungen an die USA ein, auch aus Nicht China. Das gilt auch für Vorprodukte. Die US Hersteller würden damit nicht lange durchhalten. Die Lager sind schnell leer heutzutage. Dann bricht dort alles zusammen. Das Problem hat China nicht.

    Chinas Wirtschaft braucht den überreichen Markt der USA – ebenso wie die EU und andere Staaten. Im Jahr 2024 exportierte man Waren im Wert von 525 Milliarden Dollar in die USA

    Naja China hätte gern den Markt, aber nichtmehr um jeden Preis. 50% Zölle waren da einfach zuviel. 20% hätte man vielleicht noch akzeptiert. So hat mans überrissen. Man hätte gern das Geld aber die USA brauchen die Waren. Das ist weitaus essentieller. Ohne Waren bricht dort der Mob aus und das geht bekanntlich in US sehr sehr schnell.

    Und wenns hart auf hart kommt. Die Chinesen sind historisch gewohnt mit einer Schüssel Reis pro Tag auszukommen. Da bräche in den USA die Revolution aus. Auch da wäre China besser aufgestellt.

    • Andreas I. 12. April 2025 um 8:00 Uhr - Antworten

      Hallo,
      und Mr. President will Arbeitsplätze schaffen / zurück in die USA holen, so sagt er. In einem Beitrag des Wall Street Journal wies ein Vertreter der USA-Automobilindustrie u.a. darauf hin, dass das aber kaum passieren würde, denn selbst wenn Produktionslinien in die USA verlegt würden ,,bringt das keine Jobs, es bringt Automatisierung“.
      Das ist ein weiterer Aspekt und es ist logisch; wenn in einem Hochlohnland in einen Produktionsstandort investiert wird, dann wird maximal automatisiert, Roboter, CNC, das volle Programm.

  2. Andreas I. 11. April 2025 um 17:17 Uhr - Antworten

    Hallo,
    ,,Die Bilanz ist auf dem ersten Blick eindeutig … 525 Milliarden Dollar … 130 Milliarden Dollar““

    Das ist eindeutig.
    Aber wenn die Chinesen sich nicht so verhalten, als ob sie in der schwächeren Position wären, dann stellt sich Frage, ob die einfach nur dumm sind oder ob ein erster Blick, nur auf die Außenhandelsbilanz, vielleicht eben nur ein erster Blick ist.

    Und dann die Rio Times:

    ,,Angesichts eines solchen Ungleichgewichts hat Peking in diesem wirtschaftlichen Patt weit mehr zu verlieren.“

    In … Patt … verlieren. :-)))
    Bei dieser Rio Times müssen mindestens die größere Hälfte echte Qualitätsjournalisten sein. Das merkt man auch am Rest:

    ,,Die chinesische Regierung kann es sich nicht leisten, die Produktion zu drosseln, ohne Massenarbeitslosigkeit, politische Unruhen und mögliche Anfechtungen der Autorität von Präsident Xi Jinping zu riskieren.“

    Ungefähr so, wie es sich die russische Regierung bei den ,,Sanktionen“nicht leisten konnte.
    Und man muss nur über solche Szenarien auf chinesischer Seite spekulieren, aber nicht über gleiches auf USA-Seite, denn die Autorität der USA-Regierung kann durch steigende Verbraucherpreise u.a. mögliche Effekte ja nur gestärkt werden. :-)
    Aber vor allem: erreicht die USA-Regierung damit ihr Ziel? Ist es für Unternehmen sinnvoll, sich in USA anzusiedeln oder nützt es den bereits in USA ansässigen Unternehmen, wenn Zulieferteile in USA teurer als anderswo sind?
    Eindeutig ist nur, dass dieses Spiel noch eine Weile unterhaltsam bleibt. God bless!

  3. Varus 11. April 2025 um 14:36 Uhr - Antworten

    wenn der Trend der wirtschaftlichen Globalisierung unaufhaltsam ist und das Konzept einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit tief in den Herzen der Menschen verwurzelt ist, wird jeder Sturm nur eine Fußnote in diesem historischen Prozess sein.

    Globalen Handel gab es schon immer – siehe die erste Seidenstraße bereits in der Antike. Keinem Eroberer gelang jedoch eine Weltregierung, die aus der UNO oder der WHO werden sollte.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

Regeln für Kommentare: Bitte bleibt respektvoll - keine Diffamierungen oder persönliche Angriffe. Keine Video-Links. Manche Kommentare werden erst nach Prüfung freigegeben, was gelegentlich länger dauern kann.

Aktuelle Beiträge