
Eine wohltemperierte Abrechnung hin zum Frieden – Rezension
Glücksimitation, Jagdauflösung und das Filigrane im Menschen – Eine Rezension von Teer Sandmanns neuem Buch „Raffen Sterben Trance: Eine wohltemperierte Abrechnung hin zum Frieden“.
Dem maskierten Grauen unserer Zeit stellt Sandmann etwas entgegen: Ein lyrisches, durchaus anspruchsvolles Kunstwerk, das nicht nur das Ertragen erleichtert, sondern den Ausweg in sich bildet. Zudem ist es ein Appell an uns alle. Erinnert der Autor uns doch daran, mit unseren Haltungen und dieser Idee, der eigene „Erwachungsgrad“ übersteige selbstredend den des Gegenübers und der Mehrheit per se, gut hauszuhalten. Denn Schubladisierung ist keine genuin der Mehrheitsmeinung zuzurechnende Qualität. Sie ist vielmehr Ausdruck einer Bündelung und damit der Beginn jedes faschistischen Musters. „Raffen Sterben Trance“ adressiert diejenigen Geister, die ein Verlangen nach gehaltvoller Literatur in sich ausmachen, der sie neu zu trauen wagen, nachdem eine lange Liste geschätzter Persönlichkeiten in zeitgenössischer Kunst und Literatur dafür kaum noch in Frage kommt. Diese Besprechung, die sich ihrer Fasson nach dem nahrhaften Stil Sandmanns annähert, ist ein Versuch, dieses „Meisterwerk der Gegenwartsliteratur (Dirk. C. Fleck) geziemend zu würdigen.
„Hör, Reto, keiner von uns ist Experte, nicht wahr! Wir setzen bloß um!“ Der Pfarrer schaut zum Fenster raus. Draußen die Raketen von Musk am Himmel.“ – Irgendeine Szene in irgendeinem Büro in irgendeinem Land in Europa. Nun gut, diesmal schneebedeckte Gipfel und fernes Blöken aus Ziegenkehlen hinter den Scheiben – so kündet der Name des adressierten Geweihten, der doch begreifen soll, nein, muss! Doch wer 2020 fortfolgende dabei war, erinnert sich unmittelbar – und sei es an Phrasen, gesetzt bei Bitterfeld. „Es ist ein unheimlich schönes Buch“, hörte ich mich sagen, drei Mal, unter Freunden; und drei Mal durchzuckte es mich, damit ich anheben konnte, zu korrigieren: „Schön, nun… es geht ja um Faschismus. Doch in diesem Rahmen eben, ist es von ergreifender Schönheit.“ Wie mag es gelingen, sich an einem Buch über die Abgründe des Menschseins zu erfreuen? Nebst Kerzenlicht und schwerem Wein? War da nicht auch die bleierne Müdigkeit des Autors, sein Verlangen, in einen Waldsee einzugehen, ob all der Pein, zumindest aber „a los baños del amor“? Eine Pein, zu durchleben, mitten unter jenen, die heute noch an die „Auszeit aus dem Hamsterrad“ erinnern, dabei sonderbar zwinkern aus den Augen, wohl gerührt, tief drin? Wo ist Raum für den Genuss zwischen den Wellen der Schwermut, die anzusteigen und hinweg zu reißen drohen?
Es gelingt! Denn dieses Buch soll Teil eines Widerstands bilden, der gerade nicht in sich dem Verfall geneigt ist. Es will „nicht lähmen, will nicht lasten“. Vielmehr soll „aus dem Denken eine Lust hochschießen.“ Eine „Lust zum Angriff auf den Angriff aufs Gehirn“. Diese löst die Depression in ihre Bestandteile, Atom für Atom, Teilchen um Teilchen. Den Ausweg erkannt, macht Teer Sandmann es sich zur Aufgabe, ihn freizulegen. Dieser Prozess vollzieht sich in Phrasierungen jenseits des üblichen Metrums, quasi polyrhythmisch und entlässt die freigelegten Zusammenhänge sätzeweise in eigentümlicher Poesie: lyrische Perlen, die nicht nur das Ertragen erleichtern, sondern den Ausweg in sich bilden. So hat Sandmann mit diesem Buch selbst ein Kunstwerk geschaffen, das der gesuchten Zersetzung, dem schleichenden Verfall und nicht zuletzt der Mystifizierung der sogenannten Eliten etwas entgegensetzt. Ihnen sollte nicht mehr geistige und finale Kapazität unterstellt werden, als unbedingt nötig, denn nicht nur greift jede Überhöhung kurz, sie spiegelt nebenbei einen „Eurozentrismus“, der geeignet ist, in seiner Antiquiertheit auch den Unbeteiligten zu beschämen.
Nach der Zäsur des März 2020, die dem Willigen das endgültige Absterben der vergangenen Epoche leidenschaftslos vor Augen führte, unternimmt Sandmann einen letzten Versuch. Er betrachtet das Monströse, welches im Menschen selbst angelegt ist und sich jüngst unverhohlen Bahn gebrochen hat; bedenkt es von verschiedenen Richtungen her. Erkennt all die „Haltungen“ im „Jagdverhalten“, motiviert aus bloßer Empörung, als die letzte analoge Regung hinüber zum „synthetischen Kitsch“. Erkennt, wie Haltungen wegen der strikten Inkompatibilität von Jagd und Differenzierung in ihrem Bündel unweigerlich den Bund dann formen – und würde er vor sich hergetragen, mit abgeklärter Mine. Am Ende steht die Tilgung des Subjekts. Danach kommt Leere. Diese Subjekttilgung erfolgte in verdichtetem Maße im jüngst erlebten Faschismus – wer nun den Finger hebt, möge noch einmal von vorne denken – weil Digitalisierung und KI die im Faschismus angelegte Totalität exzesshaft ad infinitum fortführten. KI, als „Bund, aus dem es kein Entrinnen gibt“; Digitalismus, als „irreversibler Faschismus“, als seine „Endfigur“. „Faschismus kann man nicht besiegen, man kann ihn weiterführen und anders anstreichen“. Diese Kernerkenntnis in Sandmanns Überlegungen macht die Frage eines seligen Umgangs virulent. Der Autor öffnet eine Tür: „Man kann ihn stören. Stören bis in alle Ewigkeit.“ Ein zweckdienliches Mittel ist Lachen. Gottesdienst ebenso sowie grundsätzlich alles „Erfolglose“, das alleine imstande sei, Zivilisation und ihre „Tödlichkeit“ zu überwinden. „Denn alles, was Erfolg hat ist befallen von den Mustern, die töten.“ Da sich „über` s Ganze gesehen die gleichen Muster einstellen“, ist im Übrigen, die Gesellschaft nicht so gespalten, wie oft postuliert; auch dies ein überraschender ideeller Gewinn aus Sandmanns Buch.
Die Glücksimitation
Sandmann lässt Zauber entstehen. Er schöpft ihn aus Sätzen, die bildhaft und zielgenau die Verdrehung der zeitgenössischen Zuordnungen zur Schau stellen. Nüchtern und mitleidlos zerren sie die Vertrocknung der Gemüter ans Licht und lassen vereinzelt laut auflachen; ein deutlicher Hinweis auf Heilungspotential dieser Schrift. Im Traum allein, nur im Traum – ein unter teil-totalitären Verhältnissen probates Stilmittel – spricht er zu seinem Freund Clemens. Teilt seine unerhörten Wünsche mit ihm, die dem Monströsen ein brachiales Ende setzten. Erzählt ihm, der vor Jahren diesem Dasein entschlafen, von Menschen, die noch glaubten, in einer Demokratie zu leben. „Sie haben die Abstumpfung mithilfe ihrer smarten Geräte so weit vorangetrieben, dass jede Meldung über ein Unglück niemals ihr Ziel findet.“ Doch siehe da, erstaunlich ist es, „da ist auch kein Glück, das der Meldung den Eingang versperrte“. Stattdessen: eine „Glücksimitation“. Feinsinnig erkannt: das begleitende Auftreten der Aggression, mit der diese Imitation verteidigt wird. So wird der eigene Hass, sich speisend aus der Ahnung, nicht den Punkt getroffen zu haben, über diejenige ausgeschüttet, die diesem Spiel mit Substituten nicht beiwohnen möchten; gefährden sie doch das wenige, das diesen Gemütern bleibt: die letzte Leidenschaft – die Imitation zuletzt. Doch führt dieser marginale Anspruch auf ein Glück in seiner nur mehr vorgetäuschten Form eben in den Totalitarismus, einem solchen, der „nach allen Indizien, die gegeben sind“, noch einmal: umfassender ist, als jede Variante, die ihm voraus ging. Wer noch milde gestimmt ist über die allgegenwärtigen Zustände, den erinnert Sandmann an den Fall Sharav, über deren Kopf ambitioniert die Moralkeule in Schwingung gebracht. Die Keule über einem Opfer, das von den Vorfahren des keulenschwingenden Staatsanwalts damals schon ins KZ gebracht worden ist und das nun Parallelen erkennt, aber gewiss nicht erkennen darf. „Einer synaptisch entleerten Gesellschaft lässt sich auch das als Demokratie verkaufen“, ein zerebralpathogener Befund, der sich unter Verweis auf sogenannte „wissenschaftliche“ Evidenz seitens des zitierten Arztes Michael Nehls unterfüttern ließe. Wie also umgehen mit unseren Freunden, „wenn sie durchrufen und fragen „wie geht es dir?““ und der Körper in Krämpfen liegt; wie aufstehen am Morgen, wie sich niederlegen am Abend?“; was tun, wenn sie der Tochter Einsamkeitstrostgeschenke schicken, aus der Isolation, in die Isolation? Gut gemeint, natürlich – doch… gilt diese Geste auch dann noch, wenn der Autor schon abgeräumt, die Tochter in Sippenhaft, wegen Parallelenbetrachtung, wo dies nicht gestattet?
Zukunftsrezepte: Keine Gegenentwürfe
Was also tun mit unserer Zukunft? Ins Blaue hinein und frohen Mutes darauf warten, ob die Mehrheit sich schließlich einer höheren Form menschlicher Ausdrucksmöglichkeiten entsinnt? Ob sie totalitäres Jagen einstellt, zugunsten von Dialog und Nächstenliebe in Praxis? Der Ratschläge für Verbesserung sucht man nicht lange. Entgegen der verbreiteten Auffassung, Kritik dürfe nur üben, wer Alternativprogramme in der Tasche hat, plädiert Sandmann für die geistige Freizügigkeit auch in dieser Frage. „Keine Gegenentwürfe, keine Menschheitsfamilie, eben keine Haltung“, so sein Ansatz. „Nicht: wir sind für Frieden und Freiheit. Stattdessen aber: Wir sind für nichts. Wir stören die Haltung und schaffen Nischen. Indem wir stören.“ Nicht nur würde der überbordende Einsatz von Denk-Schablonen, die Glätte und der Glättungsprozess selbst beeinträchtigt, sondern auch dem Erhalt des Subjekts Vorschub geleistet, wenn „das andere belassen“ und niemand zur Harmonie genötigt würde. Dies gilt selbst dann, wenn Sandmanns Vorschlag, wie geahnt und befürchtet, selbst in eine Haltung führte.
Geld ist zuverlässig
„Vielleicht gibt es den Kapitalismus nicht. Aber es gibt etwas, was in alledem, was es nicht gibt, drin ist: der Schreck vor dem Verzicht.“ Könnte dieser Schreck allerdings überwunden werden und das Vertrauen ins Leben selbst die Angst vor der Nacktheit im materiellen Nichts auflösen, bröckelten auch die Bedingungen, die dem Faschismus so genehm sind. Dieser Verzicht nämlich, führte in eine Welt mit der besten Freundin, die das Leben reich mache; „Mit einer besten Freundin wird es sinnlich“. Wir sehen: „Geld ist zuverlässig“. Organsiert sich nicht nur in Davos, zersetzt den Coronaausschuss, zersetzt die Corona-Freiheitskämpfer. Fürs divide et impera braucht es keine Geheimtreffen. Was hinter der Angst auf uns wartet, ist wahrlich groß. (Nebenbei eine Vertiefungs-Empfehlung der Rezensentin: „Das Gold des Hasen“, ein Bilderbuch von Martin Baltscheit und Christine Schwarz, dessen Erscheinung nicht zur Auffassung hinreißen lassen sollte, es handle sich um ein Kinderbuch.) Die Lust zur Abkehr von der Anhäufung ist damit freilich ein exzellenter Gegenentwurf zu Technokratie und Auflösung des Subjekts, also alles Menschlichen an sich. So ist „Raffen, Sterben, Trance“ selbstredend nicht nur eine Bilanz gegenüber denjenigen, die dem Faschismus die Umstände günstig geraten ließen. Und „Kinder“!, die Erinnerung an die tollsten Auswüchse müssten jäh verscheucht werden, wollten wir sie endlich aus dem Gedächtnis tilgen. Alleine, die „Maske“ als Pflichtübung der Neuen Normalität ließ bis zum Grunde blicken. Doch „die Maske beim Herumschleichen“, denn „Menschen, ein Einschub, Kinder, schleichen bloß mehr herum“, sei „eine Farce höheren Grades“. Die Gehorsamsexerzitien – „Kindesmissbrauch der monströsesten Sorte“, man denke nur an die tadellos vollstreckte Denunzianten-Auslese unter Kindern und gehe zurück auch in die Behinderteneinrichtungen mit seinen Gedanken – und dem, was unweigerlich aus ihnen zurückbleibt, lässt beeindruckbare Seelen auch beim zweiten Mal Nachdenken verstört zurück. Sandmann bilanziert sonach auch mit jenen, die mit in deutschen Bachelor-Bildungsgängen einwandfrei eingeübten Psychologien deuten, morgens bis abends und auch mit all denjenigen, die dem Faschismus ein weiteres Mal aus dem Taufbecken halfen. Und, „Kinder“, wer bleibt da übrig?… Schließlich findet Sandmann seinen Anteil, stellvertretend für all unsere Anteile. Die Suche nach seinen Schülern von damals führt ihn in Anwaltskanzleien in Zürich, Genf und London, in EU-Behörden, dem IKRK, an Lehrstühle und zu Seminaren über Marketing und Gender, die diese Schüler nun als CEO` s halten. Führen sie eine Arztpraxis, so spiegeln sie unmissverständlich die Losungen der Weltgesundheitsorganisation. Das eine Mädchen, das sich in ihrer Schulzeit allen Versuchen ihrer Einordnung widersetzte, lebt seit geraumer Zeit nicht mehr. „Ich wollte Faschismusdekonstruktion lehren, Kinder, und habe Faschisten gezüchtet. Ob Gott mir das verzeihen wird?“
Schönheit als Ausweg
Alles Heile besitzt Ausgewogenheit. Ausgewogenheit aber strebt hin zur Schönheit. Ästhetik ist eines der Archetypen des Lebens und dem Menschen damit geschenkt. Wenn das Leben all seiner Ästhetik beraubt werden soll, ist eine Hinwendung zu reineren Formen der Schönheit unabdingbar. Sandmann stellt den jeweiligen Kapiteln seines Werks eine Erinnerung an einzelne Menschen voran. Diese menschlichen Wesen waren Künstler der Renaissance und möglicherweise dies, was man ein Genie nennen mag. Sie vermochten die Anmut des Lebens in einem Extrakt zu verdichten. Der Autor forscht nach den Bedingungen, unter denen diese Künstler ihr Leben zu vollenden suchten. Forscht nach den Individuen, die dem Monströsen in der Welt ihre „betörend filigrane“ Musik entgegenstellten. Er unterlässt es nicht, daran zu erinnern, wie auch die größte Grazie mitunter und seit jeher in einer Mischung auftreten kann, die den Betrachtenden schließlich in ein verstörendes, aber ausbalanciertes Verhältnis aus Lockung und Abscheu zugleich versetzt. Denn Macht findet Missbrauch und braucht die Kunst. Sie braucht die Kunst, weil auch sie nur im Rahmen des Möglichen operiert und Schönheit ein Lebensprinzip ist. Und dennoch lässt Sandmann mit seinem Blick die vielleicht einzige Hoffnung aufglimmen, die uns bleibt. „Weshalb vermochte dieses betörend filigrane Musikstück die Dinge nicht in die andere Richtung drehen und darüber hinaus: Wie konnte es überhaupt entstehen, in einem Kopf, einem menschlichen Kopf, wo doch diesem Menschenkopf der Hang zum und zur Haltung eingeschrieben ist?“ Weiter: „Dieses Agnus Dei aber ist das Gegenteil von Haltung, es ist die Stimme der Geliebten und von Gott zugleich“. Wenn aber dem Menschen das Monströse eingeschrieben ist, in dem Sandmann das faschistische Element erkennt, wie kann ein solcher Mensch also ein solches Kunstwerk erschaffen? Dies zu begreifen, nämlich, könnte uns Auswege aufzeigen. „Auch dieses Agnus Dei, sein vibrierendes Licht in der Landschaft, auch das ist der Mensch.“ Und ist dies auch der Mensch, ist der Mensch nicht KI allein – ist er noch nicht verloren. In der Subjektivierung, statt angestrengter Subjekttilgung, mag unser Glück geborgen liegen: vielleicht könnte der Einzelne doch gut sein! Und weiter: „Gute und Böse in der Bibel sind die beiden Bedingungen des Daseins, keine moralischen Kategorien“, so Eugen Drewermann in „Raffen, Sterben, Trance“ und lässt begreifen: der Einzelne ist auch gut.
Der geistige Gewinn aus diesem Buch
Dieses Buch erinnert daran, hauszuhalten mit der oft gut gehüteten Haltung im eigenen Ich. Besäße Sandmanns These Gültigkeit, Haltung sei dem Menschen eingeschrieben und dabei das Ur-Übel allen Faschismus – und nicht nur Argument, sondern auch Erfahrung sprechen dafür – so dürfen seine tief durchdachten und mit Virtuosität gesetzten Zeilen, wenn nicht als Warnung, so doch als eindringliche Erinnerung an uns alle verstanden werden, sich in Zurückhaltung zu üben. „Jagdverhalten hüben wie drüben“! Man denke an die bisweilen lustvolle Empörung über Abartiges, wenn es mit sexuellen Inhalten aufgeladen ist, immerhin einer der „deutlichsten Repräsentationsformen des Analogen“ – und selten sind sich die Jäger gewahr. Weder Institution, noch Milieu und erst recht kein einziger Tag fiele der Rezensentin ein, an dem dies Quäntchen Demut nicht angebracht. Das Hantieren mit Kontaktschuld ist keine genuine Qualität der Mehrheitsmeinung. Sandmann formuliert mit seinem Buch also auch einen Appell zu „Toleranz“ auf jeder Seite, ohne den Begriff auch nur in Anspruch zu nehmen. Schubladisierung ist keine einseitige Übung. Nicht nur ist sie unangemessen, weil sie die angepeilte Wahrheit nur jäh verfehlen kann, sie steht den Einordnenden auch so schlecht. Doch reicht die Wirkung weitaus tiefer: Das Bedienen von Mustern steht in keinem zufälligen Zusammenhang mit der Ausbildung von Faschismus. Wer sich dazu hinreißen lässt, einzusortieren, statt gründlich zu betrachten, in Frage zu stellen und sich selbst zu prüfen, macht sich allzu leicht zum Fundament der Bündelung selbst und speist damit bereits „das Kernelement jeder Jagd, jedes Faschismus“.
Wenn Sandmann wiederkehrend die Renaissance bemüht, um uns einzelne Blüten vorzustellen, geschieht dies nicht als Selbstzweck. Er bringt mit dieser Figur das vielleicht letzte Mittel für eine mögliche Umkehr auf den Plan. Nicht das noch größere Kapital gegen das größte Kapital wird der Macht am Ende gefährlich. Zersetzung erfährt die Macht, der der Machthabende selten gerecht wird, weil Wahnsinn allzu leicht nur sittliche Reife durchbricht, schließlich nur durch das Eine: „Bewusstsein, Sprache, Schönheit.“
Zuletzt geht es in der „offenen Blaupause“ hin zum Verlassen dieser Welt und gleichzeitig zurück zum Beginn: „Verzeihung ist der Eingang zur Trance“. Einerseits. Denn Verzeihen ist kein geradliniger Prozess. Er verlangt danach, „Getanes“ stillzulegen, „die Irren und Mörder zu Termiten zu erklären“. So können sie aus der Zeit gehoben werden und damit aufgelöst. Muss sich Verzeihung „notgedrungen mit abgrundtiefem Zynismus verschränken“? Am Ende bedeutet es, sich selbst freizusprechen. In der Auflösung liegt bereits die Freiheit. Weil Verzeihung aber demjenigen obliegt, der ein Bewusstsein besitzt und Bedeutungen vergibt, inkludiert die Verzeihung die Streichung der Bedeutung. Die Verzeihung selbst bedeute „in Wahrheit“: das Bewusstsein übertölpeln. Die Freigabe der Mörder hat unbeschränkt zu erfolgen, sie kennt keine Alternative. „Ich muss – mich entsetzt durchaus dies zu sagen – sie tatsächlich lieben. Wie Jesus das womöglich versucht und vielleicht gar gekonnt hat. Nein, es reicht nicht, sie von aller Bedeutung abzuziehen, ich muss sie lieben. Daran werde ich scheitern.“ Der Vorsatz alleine aber, lässt den anderen Ausgang offen: den Ausgang zur Trance. Und diese Trance führt uns in die Zwischenwelten, die Distanz zu allem Übel schafft, wie Verschmelzung zugleich. Nicht nur, mit dem, was als Übel erkannt werden kann, sondern in gleichem Maße mit der Reinheit, die dem Menschen auf gleiche Weise eingeschrieben ist: Blickt in die Augen unserer Kleinen und Euer Zweifel verlässt Euch wieder. Teer Sandmann erinnert: „Das ist es, was wohl auch jener wusste, der sich oft an Tafeln setzten und den Menschen mit seiner Sprache zusprach. Und am Ende doch Angst hatte (Er erkannte die Menschen, Anm.: LMB) und schrie: „Eli eli lama sabachthani“.
Raffen Sterben Trance: Eine wohltemperierte Abrechnung hin zum Frieden
Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der fixen Autoren von TKP wider. Rechte und inhaltliche Verantwortung liegen beim Autor.
Lisa Marie Binder ist Juristin, Heilpraktikerin für Klassische Homöopathie und Musikerin (alias Lisa Marie Arvidsson). Ihr Buch „Der Superfaschismus“ ist 2024 beim massel-Verlag erschienen
Von „lyrischen Perlen“ darf die Autorin gerne träumen. Vielleicht hilft es ihr, die eigene Ausdrucksstärke zu schärfen.
In Habeckscher „Bla-Bla-Rhetorik“ tötet dieser pseudointellektuell-infantile Text jegliches Verlangen, auch nur eine Zeile des von ihr empfohlenen Machwerks zu lesen.
„Am Ende steht die Tilgung des Subjekts. Danach kommt Leere.“……😂….okay…und ab da habe ich keinen Bock mehr weiterzulesen……..🥱😵💫😳
Hier noch ein österr. Autor (1) der eher als Universalkünstler (2) unter Insidern bekannt ist …
1) baco48.wixsite.com/baco/literature
2) db.musicaustria.at/node/50450