Justiz untersagt die Covid-Passpflicht im Baskenland

23. November 2021von 2,9 Minuten Lesezeit

Die Gerichte sind in Spanien sehr auf die Einhaltung von Grundrechten und Rechtsstaat bedacht. Übergriffe von Regionsregierungen wurden bisher immer wieder abgeschmettert. Es wurde der erste Lockdown für verfassungswidrig erklärt, der Oberste Gerichtshof der Kanaren hob Einschränkungen für Ungeimpfte und 3G-Regeln auf und auch andere Gerichte von Regionen haben immer wieder zu sehr einschränkende Verordnungen untersagt.

Anders als bei uns entscheiden zumindest die regionalen Obergerichte zeitgerecht und daher wirkungsvoll. Viele Regionalregierungen sind auch dazu übergegangen geplante Verordnungen schon vor dem Erlass mit ihrem jeweiligen Obergericht abzustimmen. Welch ein Unterschied zum undemokratischen und rechtswidrigen Vorgehen der Regierungen in Österreich und Deutschland.

Die Verwaltungskammer des Obersten Gerichtshofs des Baskenlandes (TSJPV) hat am Montag beschlossen, die Verwendung des COVID-Passes im Baskenland nicht zu genehmigen. Die Entscheidung fiel nicht einstimmig aus, da der Vorsitzende Richter Luis Garrido, der sich bereits bei anderen Gelegenheiten gegen Maßnahmen der baskischen Regierung ausgesprochen hatte, eine abweichende Meinung vertrat. Die Richter José Antonio González Saiz und Irene Rodríguez del Nozal sprachen sich für die Ungültigerklärung der Bescheinigung aus.

Der High Court argumentiert unter anderem damit, dass es eine Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, des Rechts auf Freizügigkeit oder sogar der Freiheit der Meinungsäußerung oder des künstlerischen Schaffens darstellen würde, wenn jeder daran gehindert würde, zum Beispiel bei einer Karaoke-Veranstaltung aufzutreten. Es wird argumentiert, dass es unangemessen ist, ein „einheitliches“ Maß in der gesamten autonomen Gemeinschaft anzuwenden, da die Daten nicht homogen sind. Außerdem ist der „sehr hohe Prozentsatz an geimpften Personen ein Faktor, der dagegen spricht“.

„Die unterschiedslose Einführung der Passpflicht ist nicht gerechtfertigt, erst recht nicht, wenn gleichzeitig anerkannt wird, dass die Auswirkungen der Ansteckung auf die Geimpften nicht relevant sind“, heißt es in dem Gerichtsurteil, in dem auch die Situation der Arbeitnehmer hätte berücksichtigt werden müssen, die „sehr wohl Kunden anstecken können„. Auch die Situation von Personen über 12 Jahren, für die eine Impfung kontraindiziert ist und denen der Zutritt zu bestimmten Vergnügungsstätten untersagt wäre, wurde nicht berücksichtigt. „So lobenswert“ der Zweck auch sein mag, er rechtfertigt nicht alle Mittel, heißt es in dem Beschluss weiter.

Das Gericht kritisiert die baskische Regierung dafür, dass sie diese Frage einfach als Einschränkung der Rechte auf „Gleichheit und Privatsphäre“ aufwirft. Das Gericht erklärt, dass das Versammlungsrecht eingeschränkt wird, und schlägt vor, dass eine ähnliche Kontrolle wie im Hotelgewerbe „bei Weihnachtsfeiern“ – oder der „ambulanten“ Freiheit – in Erwägung gezogen werden sollte: „Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich um öffentliche Einrichtungen handelt, die grundsätzlich für jedermann zugänglich sein sollten„. „In diesen Einrichtungen entwickelt sich das soziale Leben des Einzelnen, je nach Fall persönlich oder kollektiv, [und] die Entwicklung der Persönlichkeit, einer der Pfeiler der politischen Ordnung und des sozialen Friedens, kann beeinträchtigt werden“.

Sie dürfen empfehlen, dass vor dem Erlass von Beschränkungen, die die individuellen Freiheiten beeinträchtigen, „Luftreiniger und Luftreinigungsgeräte“ in den Räumlichkeiten installiert werden sollten.


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9 Kommentare

  1. Walter Georg 5. Dezember 2021 at 17:18

    Die Untersagung des Grünen Passes („pasaporte/certifcado Covid“) durch den Obersten Gerichtshof des Baskenlandes ist bereits Geschichte; sie wurde nämlich vom Obersten Gerichtshof Spaniens aufgehoben. Der Grüne Pass wird für den Zutritt in die Nachgastronomie und -lokale benötigt (https://www.europapress.es/nacional/noticia-ocho-ccaa-tienen-aval-justicia-certificado-covid-cinco-estan-espera-cuatro-descartan-20211201171328.html). Das ist auch in weiteren Regionen der Fall.

    Das sind die 8 Regionen, in denen der Pass benötigt wird:
    Aragón, Baleares/Balears, Catalunya, País Vasco/Euskadi, Galicia/Galiza, Murcia, Navarra/Nafarroa, Comunidad Valenciana/Comunitat Valenciana. [Anm.: Navarra ist sozusagen das Südtirol des Baskenlandes.]

    Folgende 5 Regionen überlegen den Grünen Pass oder haben bereits den Obersten Gerichtshofs Spaniens zu dessen Approbierung angerufen:
    Andalucía, Asturias, Canarias, Castilla-León, Cantabria.

    Nur diese 4 Regionen setzen derzeit keinen Grünen Pass voraus:
    Madrid, Castilla-La Mancha, Extremadura, La Rioja.

    Im übrigen sollte man keinesfalls der Illusion unterliegen, dass die Gerichte in Spanien so sehr auf die Einhaltung von Grundrechten und Rechtsstaat bedacht seien. Die Mehrheit der spanischen Richter ist erzkonservativ, besonders jene im Obersten Gerichtshof Spaniens und auch im Verfassungsgerichtshof. Bestimmte kritische oder auch satirische Äußerungen (wie im Fall eines Rappers) sowie Missfallenskundgebungen gegen den König werden mit drastischen Gefängnisstrafen geahndet, z.B. das öffentliche Verbrennen des Konterfeis des spanischen Königs. Solche Verfahren landen dann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), wo die Urteile in der Regel aufgehoben werden, weil sie unter das Recht auf freie Meinungsäußerung fallen.

    Anhängig sind noch Verfahren beim EGMR gegen die drastischen Urteile (bis zu 13 Jahre Gefängnis) für die katalanischen Unabhängigkeitsaktivisten, die wegen der Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums der Rebellion und Hochverrats angeklagt worden waren – Delikte, die bei dem ins Ausland geflüchteten Carles Puigdemont von deutschen und belgischen Gerichten nicht als gegeben angesehen wurden.

    Allerdings gibt es in einzelnen Fällen dennoch herausragende und vorbildliche Urteile. Das ist aber eher die Ausnahme und setzt meist einen langwierigen, steinigen Weg voraus und ist in den meisten Fällen nur der europaweit (?) einzigartigen Möglichkeit zu danken, die das spanische Justizsystem bietet, nämlich die weitgehende Privatbeteiligung an Verfahren („acusación popular“ bzw. „acción popular“). Der riesige als „Fall Gürtel“ („caso Gürtel“) international bekannt gewordene Korruptionsskandal war anfangs recht bald archiviert worden, und erst durch einen Antrag von engagierten Bürgerrechtsgruppen wurde die Wiederaufnahme durchgesetzt.

  2. Paul Stockmair 23. November 2021 at 19:56

    Meiner Ansicht nach spielt hier nicht nur die bekannt kämpferische Attitüde der Basken eine Rolle, sondern auch die kleinere Struktur der Behörden dort. Wer Leopold Kohr noch nicht kennt, dem empfehle ich die Lektüre von : „Small is Beautiful“ Deuticke Verlag, Wien 1995, ISBN 3-216-30105-2

  3. Uschi 23. November 2021 at 10:18

    Das freut mich, dass Spanien offensichtlich aus seiner oft grausamen und sehr langen Historie, z.B. in Lateinamerika, lernen durfte.

    Unsere Vergangenheiten sind immer Mahnungen, es in der Gegenwart und in der Zukunft nicht noch einmal so zu übertreiben. Beim Erfolg der Mahnungen bin ich mir aber nicht ganz so sicher.

    Aus den Übertreibungen wurde immer Klitzeklein. Das ist sicher.

  4. Wolfgang Sauer 23. November 2021 at 9:59

    Man sollte wohl eher nach Spanien auswandern als nach Skandinavien. Die Spanier waren 2020 die schlimmsten Lockdowner haben aber anscheinend daraus gelernt, wenn jetzt sogar die damaligen Bußgelder zurück gezahlt werden. Die Schweden sind durch ihre Medien auch ideologisiert, nur haben dem die dortigen Gesundheitsbehörden bis jetzt widerstanden, sind aber neuerdings dabei umzukippen, obwohl die dortigen „Zahlen“ Bande sprechen gegen die hiesigen Massnahmen. Auch die ideologische Ausrichtung der Schweden schon vor Corona ist abschreckend.

    • Walter Mai 23. November 2021 at 16:15

      Naja, ob „die Spanier“ etwas gelernt haben, ist fraglich. Zumindest scheint die Justiz noch halbwegs gegenzusteuern. Der Präsident von Kantabrien, Miguel Ángel Revilla, fordert hingegen sogar Zwangsimpfung für die gesamte Bevölkerung: « … auf Biegen und Brechen, mit zivilen oder militärischen Mitteln»! (vgl. https://corona-transition.org/zunehmend-totalitare-tendenzen-in-spanien)

  5. Hans Im Glück 23. November 2021 at 9:51

    @Christian,

    danke für den Hinweis. Das habe ich tatsächlich falsch verstanden

  6. Hans Im Glück 23. November 2021 at 8:36

    „wenn gleichzeitig anerkannt wird, dass die Auswirkungen der Ansteckung auf die Geimpften nicht relevant sind“

    Das halte ich allerdings für eine äußerst gewagte These….

    • Christian 23. November 2021 at 9:02

      Dann glaube ich, dass sie nicht verstanden haben, was dort steht bzw was das bedeutet ;)
      Es wird gesagt, dass mit solch einem Pass anerkannt wird, dass geimpfte sich ebenfalls anstecken können und ebenfalls andere infizieren können und dies durch den Pass aber still schweigend als irrelevant anerkannt wird.

    • Fritz Madersbacher 23. November 2021 at 11:16

      @Christian
      23. November 2021 um 9:02 Uhr
      Laut Impfdoktrin schützen die Genpräparate vor schweren Verläufen (die durchschnittlich gesunde Menschen sowieso nicht zu erwarten haben, auch wenn das ständig behauptet wird), das Märchen von der sterilen Immunität hat sehr schnell begraben werden müssen.
      Warum also z.B. Kinder „impfen“, die kaum Symptome bekommen? Weil sie ihre Großeltern anstecken könnten. Ja und? Die sind doch durch ihre „Vollimmunisierung“ vor einem schweren Verlauf geschützt? Trotzdem überstürzen sich die Impf-Schwindler permanent in ihrem jeder Logik widersprechenden Circulus vitiosus, planen nach der Apartheid für die Ungeimpften jetzt sogar eine offen faschistische Impfdiktatur – diese lächerlichen Schwachköpfe werden nicht durchkommen!

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