So wahrscheinlich ist Infektiosität bei einem positiven PCR Test

1. Oktober 2020von 4,3 Minuten Lesezeit

In jüngster Zeit gibt es immer mehr Zweifel an der Stichhaltigkeit der Ergebnisse der PCR-Tests. In Österreich spricht der Gesundheitsminister von „Neuinfektionen“ obwohl die Zahlen nur positive Testergebnisse bezeichnen. Aber weder Neuinfektionen, noch allgemein Infektionen und schon gar nicht Erkrankungen sind mit einem positiven Test bestätigt.

Interessant ist wie Organisationen im Profisport damit umgehen. Dem Milliardenunternehmen NFL zum Beispiel ist durchaus bekannt, dass es falsch-positive Ergebnisse gibt.

Das Covid-Testprotokoll der NFL

Die Liga verfügt seit Beginn der Saison über gut definierte Testprotokolle. Wenn ein Athlet oder ein Mitarbeiter positiv mit der PCR-Methode testet, drückt die Liga nicht den Panikknopf und gibt die Ergebnisse der Presse bekannt. Stattdessen prüft die NFL sofort nach, ob sie tatsächlich COVID-19-positiv sind oder nicht.

ESPN berichtete: „Einem ersten positiven Test werden zwei weitere Tests folgen, ein Abstrich aus der Nase, der in einem Labor untersucht wird, sowie ein Point-of-Care-Test. Spieler, Trainer und andere Mitarbeiter, deren erste Testergebnisse positiv sind, müssen sich noch von der Mannschaft isolieren, während sie auf die zusätzlichen Testergebnisse warten. Sie können nun aber am selben Tag entlassen werden, wenn beide Testergebnisse sofort negativ sind“.

Das System der Liga wirkte im August Wunder, als die PCR-Methode 77 vermeintlich positive Ergebnisse erbrachte, aber weitere Tests am Point of Care zeigten, dass alle 77 Tests falsch positiv waren.

In einem am Montag veröffentlichten Dokument zu den COVID-19-Protokollen wies die NFL erneut darauf hin, wie wichtig es ist, einen korrekten Zyklus-Schwellenwert Ct für PCR-Tests festzulegen, um eine genaue Bestimmung zu erhalten. Bei dem gebräuchlichen Wert von 40 explodieren nach Untersuchungen der New York Times die unbrauchbaren Ergebnisse.

Selbst den Anteil falsch-positiver Ergebnisse bestimmen

Der Anteil der falsch-positiven hängt vom Anteil der Infizierten Personen ab, genannt Prävalenz, was eine Vortestwahrscheinlichkeit ergibt. Es macht einen gravierenden Unterschied ob 1 von 100 oder 1 von 10.000 Personen infiziert ist. Weiter hängt die Rate von Sensitivität und Spezifität der verwendeten Tests ab. Die Sensitivität sagt aus, wie viele positive Proben richtig als positiv erkannt werden und die Spezifität wie viele der Proben ohne Viren auch korrekt als negativ angegeben werden. Kennt man die Prozentsätze der drei Einflussfaktoren, dann kann man ganz leicht errechnen, wie hoch die Raten an falsch-negativen und falsch-positiven sind. Grundsätzlich ist es so, dass bei geringen Prozentsätzen von Infizierten die falsch-negativen sehr gering und die flach-positiven hoch sind. Mehr Details dazu in diesem Artikel.

Aber es gibt bei Vassar Stats ein nettes Webtool, mit dem sich jeder selbst einfach und schnell informieren kann. Es sind als Proportionen einzugeben die Prävalenz (also etwa bei 1 von 1000 – 0.001), die Sensitivität (nach den Qualitätssicherern INSTAND e.V. 98,9 bis 99.7% – also zb 0.997) und die Sensitivität (laut INSTAND zwischen 97,8 und 98,6% – also zB 0.986).

Man kann dann ganz leicht ausprobieren, wie sich die Veränderung der Parameter auswirkt. Es wird ja vielfach behauptet, dass eine Erhöhung der Spezifität auf 99,9% praktisch keine falsch-positiven Ergebnisse ergibt. Tatsächlich sieht man, dass bei einer Prävalenz von 0.001 (1 in 1000), Sensitivität von 0.997 und Spezifität von 0.986 etwas mehr als 93% der positiven Ergebnisse falsch sind. Erhöht man aber die Spezifität auf 99,9%, dann sind noch immer 50% der Ergebnisse falsch-positiv.

Man sieht die NFL weiß was sie tut. Mit 50% falsch-positiven Ergebnissen könnten sie auch bei einem ultragenauen Test mit 99,9% Spezifität den Spielbetrieb einstellen. Bei den austrainierten und gesund ernährten Athleten im Alter von 20 bis 30 ist ohnehin bei Infektion ein Verlauf ohne oder allenfalls mit milden Symptomen zu erwarten.

Die Infektiosität

Aber damit sind wir noch nicht am Ende der Probleme angelangt. Denn selbst wenn das Vorhandensein eines Virus oder von Virenfragmenten nachgewiesen wird, ist unbekannt ob Infektiosität besteht, die eine Quarantäne rechtfertigt. Prof. Günter Weiss, Leiter der Inneren Medizin an der Klinik Innsbruck, sagte gegenüber dem ORF:
„Nicht jeder, der einen positiven Test hat, ist auch infektiös“, so Weiss. Eine Untersuchung würde zeigen, dass die meisten ohne Symptome auch keine Virusüberträger sind. Die Ansteckungsrate bei symptomatischen Patienten liege bei 18 Prozent. Bei asymptomatischen Personen liegt diese Rate laut Weiss hingegen nur bei 0,7 Prozent, oder 99,3 Prozent sind eben nicht ansteckend.

Das deckt sich mit Aussagen der WHO.

Die Angaben zum Anteil der Asymptomatischen mit positivem Testergebnis schwanken zwischen 25% , 57%, 65% und mehr. Eine Metastudie nennt 40-45%.

Nehmen wir also noch 40% der richtig-positiv getesteten Personen als asymptomatisch an, die zu 99,3% nicht ansteckend sind, dann verbleiben uns selbst bei dem unrealistisch ultragenauen Test mit 99,9% Spezifität  bei 1 Infiziertem pro 1000 Personen gerade mal 30% der Getesteten die andere anstecken.

Das unterstreicht die Forderung, die immer mehr Ärzte, so auch Prof. Weiss, erheben, dass die Anordnung von Tests in die Verantwortung von Ärzten auf Basis von klinischen Befunden fallen muss.

Die Ärztekammer Oberösterreichs forderte deshalb mehr Verhältnismäßigkeit ein und spricht sich gegen Tests aus, die nicht von Ärzten auf Grund klinischer Befundung angeordnet werden. „Wir haben keine zweite Welle, wir haben einen Labor-Tsunami“, so die Kernaussage.

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2 Kommentare

  1. Klaus Schlösser 2. Oktober 2020 at 12:32

    Vielen Dank für den sehr guten Überblick.
    Nur die die Aussage im drittletzten Absatz, dass 30% der getesteten ansteckend seien, ist mathematisch nicht korrekt.
    Wenn man die weiter oben genannten Zahlenwerte zugrunde legt, ergibt sich, dass von 1.000 positiv getesten Personen 55,4 Personen = 5,54% ansteckend sind.

    • TKP 2. Oktober 2020 at 12:44

      Ich habe den worst case des „unrealistisch ultragenauen Test mit 99,9% Spezifität bei 1 Infiziertem pro 1000“ angenommen, was nur 50% falsch-positive Ergebnisse ergibt. Und davon sind 40% nicht ansteckend, verbleiben also 30% der positiven Testergebnisse, die infektiös sein können. Aber die Spezifität von 99.9% ist in der Praxis schlicht und einfach nicht erreichbar, Die 5%, die Sie nennen sind wesentlich lebensnäher.

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