Pro und Kontra Masken – dauernd tragen, gelegentlich oder nie

19. August 2020von 7,1 Minuten Lesezeit

Nichts kennzeichnet so gut die Auseinandersetzung über den Umgang mit der Corona Pandemie wie die Frage, ob Masken außerhalb von Spitälern sowie generell dem Gesundheitsbereich Sinn machen oder nicht. Die Kontroverse läuft weniger unter Experten, sondern vor allem in sozialen und anderen Medien. Es gibt sogar Volksverp(h)etzer, die anderen Menschen eine Maske mit einer Kanone ins Gesicht schießen wollen.

Die Politik inklusive der WHO ist erst relativ spät auf den Maskenzug aufgesprungen. Anfangs hörte man allenthalben, dass es keine Evidenz für die Nützlichkeit der Gesichtsbedeckung gibt, mittlerweile hat sich das umgekehrt. Zumindest in den meisten europäischen Ländern ist das der Fall, sieht man von Skandinavien mit Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland sowie den Niederlanden ab, in denen nach wie vor keine Masken vorgeschrieben werden.

Der Generaldirektor der schwedischen Agentur für öffentliche Gesundheit Johan Carlson nahm bei der Pressekonferenz am Dienstag auch Stellung zur Frage der Verwendung der Masken, die in Schweden für Öffentlichkeit bekanntlich nie empfohlen waren:

„Es ist offensichtlich nicht so, dass die Gesundheitsbehörde Gesichtsmasken nicht für ein wirksames Mittel hält, um die Ausbreitung von Infektionen zu verhindern; sie sind eine im Gesundheits- und Pflegebereich empfohlene Maßnahme. Das Problem ist, dass Gesichtsmasken in der Allgemeinbevölkerung eine viel schwierigere Frage sind; in welchen Kontexten sie eingesetzt werden sollten und welche Auswirkungen sie auf andere wichtige Pfeiler unserer Strategie haben“, erklärte er und fügte hinzu, dass Masken in mehreren Ländern eingesetzt werden, die derzeit eine starke Ausbreitung von Infektionen verzeichnen.

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Praktische Erfahrungen in einigen Ländern zeigen, dass die Nutzung von Stoffmasken die Verbreitung kaum aufhalten können, wie z.B. Hawaii, Kalifornien, Argentinien, Spanien und Japan mit steigenden Infektionszahlen trotz Masken zeigen, zumal Stoffmasken virenhaltige Aerosole in Innenräumen nicht herausfiltern können.

Die Sicht der Hygieniker

Es gibt die medizinische Fachrichtung der Hygieniker. Man sollte denken, dass diese gerade bei den Hygienie-Maßnahmen mehr gehört werden als Virologen. Dem ist, oder zumindest war, aber nicht so. Sie haben jedenfalls mehr Wissen über das Thema, inklusive der Nützlichkeit von Masken, als Virologen.

In T-Online kam Dr. Peter Walger zu Wort. Er ist Intensivmediziner und Infektiologe in Bonn und Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH):

Bis heute gelingt es nicht, die Aerosol-Debatte aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm mit den Jahrzehnte alten Erfahrungen und Erkenntnissen der Hygiene zu verknüpfen. Entscheidend für die Infektion ist die Infektionsdosis, die der Empfänger aufnimmt und nicht die Virusmenge beim infizierten Aerosol/Tröpfchen-Ausscheider.

Wer heute weiterhin die Aerosole als wesentlichen Übertragungsweg propagiert und die extremen Besonderheiten der Tönnies‘schen Fleischverarbeitung auch auf Schulinnenräume oder Restaurants anwenden will, und nicht gleichzeitig den medizinischen Aerosolschutz durch Tragen von Atemschutzmasken des Typs FFP-2 oder FFP-3 empfiehlt, beweist eher Praxisferne und fehlendes Hygienewissen.“

Die Auswirkungen von Masken auf die Wirtschaft

Laut Marktforscher Kantar haben die Käufer in der Woche nach der Einführung der Maskenpflicht in England davon abgehalten, in Supermärkte zu gehen.

In der letzten Juliwoche wurden zwei Millionen Mal weniger Lebensmittelgeschäfte und Supermärkte besucht als erwartet. Fast die Hälfte der Käufer gab an, dass sie sich in Geschäften nicht sicher fühlen. Charlotte Scott von Kantar sagte: „Das deutet darauf hin, dass die Öffentlichkeit möglicherweise Zeit braucht, um sich an die neuen Vorschriften anzupassen, und sie müssen jetzt für jeden Einkaufsbummel im Voraus planen.“

Und was sagt die Wissenschaft – CEBM

Für das Centre for Evidence-Based Medicine geben die Oxford Professoren Tom Jefferson und Carl Heneghan einen Überblick über den Stand des Wissens.

Im Jahr 2010, am Ende der letzten Grippepandemie, wurden sechs randomisierte kontrollierte Studien mit 4.147 Teilnehmern veröffentlicht, die sich auf den Nutzen verschiedener Maskentypen konzentrierten. Zwei dieser Studien wurden mit medizinischen Fachkräften und vier mit Familienangehörigen oder Studenten durchgeführt. Die Studien zu Gesichtsmasken bei grippeähnlichen Erkrankungen berichteten über eine schlechte Wirksamkeit, wenige Nebenwirkungen und zeigten die dringende Notwendigkeit zukünftiger Studien auf.

Trotz der eindeutigen Forderung nach weiteren Studien, waren nur sechs veröffentlicht worden: fünf bei medizinischen Fachkräften und eine bei Pilgern. Durch diese jüngsten Studien kamen 9.112 Teilnehmer hinzu und es zeigte sich, dass Masken allein keine signifikante Wirkung bei der Unterbrechung der Ausbreitung von rippe in der Allgemeinbevölkerung und bei medizinischem Personal haben.

Es ist fraglich, ob eines dieser Ergebnisse auf die Übertragung von SARs-CoV-2 übertragen werden konnte. Nur eine randomisierte Studie (n=569) umfasste Stoffmasken. In dieser Studie wurde festgestellt, dass die Grippe-Infektionen bei vietnamesischen Krankenhausmitarbeitern, denen Stoffmasken zugeteilt wurden, 13-mal höher waren als bei medizinischen/chirurgischen Masken.

Und ein weiterer Überblick über Studien

In Critical Public Health geben Graham P. Martin von der Universität Cambridge uet al einen Überblick über den Stand der Untersuchungen.

Angesichts starker Argumente, dass Masken eine vernünftige Intervention mit vernachlässigbaren Nachteilen sind, die nur Gutes bewirken können, plädieren die Autoren für Vorsicht. Viele scheinbar gut gemeinte Interventionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit haben das Potenzial, Schaden zu verursachen, und dieser Schaden ist oft sozial differenziert.

Es werden einige Argumente für Vorsicht bei Maskenpflicht vorgestellt. Für die Frage, ob die Übertragung von Viren außerhalb des Gesundheits- und Sozialwesens verringert werden kann, wenn die Bürger Gesichtsmasken oder Abdeckungen tragen, bietet konventionelles epidemiologisches Wissen nur begrenzte Unterstützung da mehrere systematische Übersichtsarbeiten zu dem Schluss kamen, dass „die Evidenz nicht stark genug ist, um eine weit verbreitete Verwendung von Gesichtsmasken als Schutzmaßnahme gegen COVID-19 zu unterstützen“ (Brainard et al, 2020), dass „Masken allein keine signifikante Wirkung bei der Unterbrechung der Ausbreitung [grippeähnlicher Erkrankungen] haben“ (Jefferson et al., 2020) und dass „die wissenschaftliche Evidenz als nicht eindeutig angesehen werden sollte“ (Perski et al., 2020).

Dennoch haben sich mehrere prominente Biomediziner und Akademiker des öffentlichen Gesundheitswesens öffentlich für eine Politik ausgesprochen, die die Verwendung von Gesichtsbedeckungen trotz der begrenzten Evidenzbasis fördert oder sogar durchsetzt (Cheng et al., 2020; Gandhi et al., 2020; Greenhalgh & Howard, 2020; Greenhalgh et al., 2020; Javid et al., 2020). Viele Länder haben das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit erzwungen oder dringend empfohlen (Feng et al., 2020). Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind von der Ablehnung (im April 2020) zur Ermutigung (im Juni) übergegangen .

Nur wenige Studien untersuchen die Verwendung von Gesichtsschutzmitteln in kommunalen Bereichen: wenn man sie zusammenfasst, diejenigen, die keine statistisch signifikanten Hinweise auf eine reduzierte Übertragung im Vergleich zu keinen Gesichtsschutzmitteln finden (Jefferson et al., 2020). Beobachtungsstudien zur Gesichtsbedeckung sind, wie zu erwarten, durch die parallele Durchführung anderer Maßnahmen wie physische Distanzierung und Isolierung wenig aussagekräftig, und experimentelle Studien werden durch die Unmöglichkeit der Doppelblind-Methode eingeschränkt.

Literaturübersichten deuten vorsichtig darauf hin, dass unter bestimmten Umständen das Tragen von Gesichtsschutz gerechtfertigt sein kann, z.B. in „Gemeinschaftsumgebungen, in denen der Kontakt gelegentlich und relativ kurz sein kann“, in „spezifischen Umgebungen, in denen das Infektionsrisiko hoch und die Möglichkeit einer körperlichen Distanzierung gering ist“ sowie in klinischen Umgebungen. Die vorhandene Forschung liefert jedoch auch nur wenige Informationen über potenzielle Schäden, wie z. B. „Unbehagen, Dehydrierung, Gesichtsdermatitis, Ängste, Kopfschmerzen, Erschöpfung“. Auch hier sollte das Fehlen von Evidenz nicht als Beweis für Abwesenheit gewertet werden.

Es ist unklar, wie die breite Öffentlichkeit Masken verwendet oder wie leicht gute Praktiken verbreitet und übernommen werden können. Die ordnungsgemäße Verwendung von Gesichtsabdeckungen ist nicht einfach. Selbst Beschäftigte im Gesundheitswesen können Schwierigkeiten damit haben; eine schlechte Verwendung (einschließlich schlechter Anpassung, Berührung) von Gesichtsmasken kann die Wirksamkeit verringern und an sich schon ein Infektionsrisiko darstellen. Gebrauchte Einweggesichtsmasken müssen ordnungsgemäß abgenommen und entsorgt werden, da sie Krankheitserreger ansammeln (Weltgesundheitsorganisation, 2020a); unsachgemäß entsorgte Masken stellen ein Infektionsrisiko dar.

Weiters könnte auf mikrosozialer Ebene das Argument vorgebracht werden, dass die Förderung der Aufnahme von Gesichtsbedeckungen zu einer geringeren Einhaltung anderer Maßnahmen führen würde, indem ein falsches Gefühl der Sicherheit geschaffen wird. Dieses Argument stützt sich auf Beweise für die Risikokompensation in anderen Bereichen der öffentlichen Gesundheit.

Zu guter Letzt kommt noch die enorme Umweltverschmutzung durch unsachgemäß entsorgte Einwegmasken aus Plastikmaterial hinzu. Eine Maskenpflicht sollte, wenn überhaupt, dann nur unter strikten Auflagen für die sachgerechte Entsorgung der verhängt werden.

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