
Herdenimmunität ist der Schlüssel im Kampf gegen Covid-19
Den meisten europäischen Regierungen fehlt es noch immer an einer klaren Strategie, wie mit der Corona Pandemie am besten umzugehen ist. Am Anfang hieß es, die Kurve müsse flach gehalten werden, damit die Spitäler nicht überfordert werden. Abgesehen von Chaos und massiv kaputt gesparten und privatisierten Gesundheitssystemen in südlichen Ländern, gab es dabei aber nirgends ein Problem. Nun hat man den Eindruck, als wollte man Infektionen verhindern egal bei wem. Sinnvoll ist das nicht, so die Wissenschaft.
Die neuesten Zahlen der Coronainfektionen seien besorgniserregend, gab Gesundheitsminister Rudolf Anschober kürzlich bekannt. Die Zahl von asymptomatischen Infektionen habe rasant zugenommen. Viele Menschen bemerken also gar nicht, dass sie mit dem Virus infiziert sind, weil sie keine typischen Symptome wie Kurzatmigkeit entwickeln. Grund dafür sei, dass sich die Alterspyramide der positiv getesteten Personen sich buchstäblich auf den Kopf gestellt habe. In den vergangenen sieben Tagen waren die meisten Neuinfizierten zwischen 15 und 24 Jahre alt, wie die Grafik oben zeigt.
Problem oder Vorteil?
In der Darstellung von Anschober kommt heraus, dass die rasante Zunahme von asymptomatischen Infektionen von Jüngeren ein großes Problem sei. In Wirklichkeit ist genau das Gegenteil der Fall. Wie Professor Martin Kulldorff von der Harvard Medical School in einem Artikel im Spectator erklärt, müssen Covid-19 spezifische Maßnahmen altersbasiert erfolgen.
„Covid-19 ist eine schreckliche Krankheit, und das vorrangige Ziel sollte es sein, die Zahl der Todesfälle zu minimieren. Wie wird dies erreicht? Der Schlüssel ist das Alter. Das Sterberisiko von Covid-19 variiert zwischen den ältesten und jüngsten Mitgliedern der Gesellschaft um mehr als das Tausendfache.“
Das Ziel muss sein, die Pandemie zu überwinden, aber wie soll das erreicht werden?
„Die Pandemie wird erst dann vorbei sein, wenn wir eine Herdenimmunität erreicht haben, entweder durch einen Impfstoff oder durch natürliche Infektionen. Herdenimmunität ist keine Strategie, sondern ein erwiesenes wissenschaftliches Phänomen, und das zu leugnen ist genauso albern wie die Verleugnung der Schwerkraft. Mit der richtigen Strategie können wir sie sogar dazu nutzen, Leben zu retten.“
Es gibt also zwei Szenarien, nämlich Impfen oder Infektionen zuzulassen bei der Altersgruppe wo das Risiko Tausendfach geringer ist. Kulldorf beschreibt die Szenarien so:
„Im Impfstoffszenario besteht die richtige Strategie darin, ältere Menschen und andere Risikogruppen so lange zu schützen, bis sie durch Herdenimmunität geschützt sind, während die jüngeren Generationen die Gesellschaft am Laufen halten. Beim zweiten Szenario der natürlichen Immunität besteht die richtige Strategie darin, die älteren Menschen und andere Hochrisikogruppen zu schützen, bis sie durch Herdenimmunität geschützt sind, während die jüngeren Generationen die Gesellschaft am Laufen halten. Wenn diese beiden Strategien ungefähr gleich klingen, dann sind sie es auch.“
Der Begriff der Herdenimmunität war zu Beginn etwas verpönt, aber es ist eine Tatsache, dass nur damit die weitere Ausbreitung der Epidemie zum Erliegen gebracht werden kann. Wie man da hinkommt, haben wir im vorigen Absatz gesehen. Nun stellt sich noch die Frage, wie Herdenimmunität funktioniert.
„Wie funktioniert die Herdenimmunität? Je mehr Menschen eine Herdenimmunität erhalten, desto schwieriger wird es für das Virus, neue infizierbare Menschen zu finden und die Epidemie wird schließlich aussterben bevor alle infiziert sind. Es ist nicht bekannt, wie groß die Gruppe der Infizierten sein muss, damit die Herdenimmunität einsetzt, aber es handelt sich um einen gewissen Prozentsatz der Bevölkerung. Wenn es in dieser Gruppe viele ältere Menschen gibt, wird die Sterblichkeit hoch sein. Wenn die meisten von ihnen jung sind, wird es nur wenige Todesfälle geben. Tatsächlich ist, wie die weltweit führende Epidemiologin für Infektionskrankheiten feststellte, die Herdenimmunität “die einzige Möglichkeit, wie wir das Risiko für die gefährdeten Menschen in der Bevölkerung verringern können”.
Konkrete Handlungsanleitungen
Aus dem bisher gesagten ergeben sich bereits klare Anleitungen dafür was die Politik machen muss und wie die Maßnahmen aussehen müssen. Im Grunde genommen reicht ein Blick nach Schweden und es genügt einfach deren Maßnahmen kopieren. Kulldorff hat auch einige Beispiele für Do‘s und Dont‘s auf Lager.
„Wir müssen das Gegenteil von dem tun, was im letzten Frühjahr getan wurde, als Schulen geschlossen wurden, während kranke Patienten in Pflegeheime geschickt wurden.
Also ja, wir können Schulen eröffnen, aber Lehrer, die älter als 60 Jahre sind, sollten von zu Hause aus arbeiten, wo sie bei der Benotung von Prüfungen und Aufsätzen helfen können. Ja, lassen wir die Kneipen geöffnet, aber die über 70-Jährigen sollten eine Weile wegbleiben. Ja, lassen wir die Kinder mit ihren Eltern Schlittschuh laufen, aber nehmen wir ihre Pirouetten auf, damit die Großeltern sie zu Hause sehen können. Und ja, öffnen wir alle Restaurants, aber bieten wir den älteren Leuten Essen zum Mitnehmen an. Der springende Punkt ist, die Gesellschaft für die jüngeren Generationen zu öffnen, und wenn sie eine Herdenimmunität mit nur bescheidenen Risiken für sich selbst erzeugt haben, können auch ältere Menschen herauskommen.“
Es ist offensichtlich, dass der Lockdown genau das verhindert hat. Sperrt man alle ein, auch Kinder und Jugendliche, die kaum etwas zu befürchten haben, schützt man damit keineswegs die Risikogruppen. Im Gegenteil, man verlängert die Zeit in der sie geschützt werden müssen, denn das Risiko einer Infektion bleibt so lange hoch, bis die Herdenimmuniät erreicht ist. Noch dazu ist jetzt im Sommer, wo alle höhere Vitamin D Spiegel haben und eher sportlich unterwegs sind, ist das Immunsystem fitter als im Winter, reduziert damit die Gefahren und wehrt Viren rascher ab.
Was bedeutet aber ein differenziertes Vorgehen je nach Alters- und Risikogruppe? Auch hier hat Kulldorf wissenschaftlich fundierte Antworten.
„Ist es Altersdiskriminierung, wenn die Alten aufgefordert werden, für eine Weile auf die Gesellschaft zu verzichten, während die Jungen ihr Leben weiterführen? Vielleicht, aber es rettet Leben. Ist es Altersdiskriminierung, wenn junge Menschen die kleinen Risiken eingehen, die nötig sind, um die älteren schwächeren Mitglieder der Gesellschaft zu schützen? Ja, sicher, aber frühere Generationen gingen viel größere Risiken ein. Als Gesellschaft sollten wir junge Erwachsene schätzen, die dazu beitragen, Herdenimmunität zu erzeugen, indem sie ein normales Leben führen und die Gesellschaft am Laufen halten. Ich danke ihnen, ich danke ihnen, ich danke ihnen. Wenn man ihnen fälschlicherweise vorwirft, dass sie andere gefährden, denkt daran, dass das Gegenteil der Fall ist.“
Ein besonders heftig diskutiertes Thema sind die Kinder. Gefährden sie die Älteren oder ist genau das Gegenteil der Fall? Wir haben gesehen, dass ess auch hier völlig unterschiedliche Vorgehensweisen gibt, die nicht immer von Evidenz und wissenschaftlicher Erkenntnis getragen sind. Was sagt uns also die Wissenschaft?
„Was ist mit den Kindern? Während junge Erwachsene entscheiden können, welche Risiken sie eingehen, ist es unethisch, Kindern ungerechtfertigte Risiken aufzuerlegen. Sind sie sicher, wenn die Schulen wieder öffnen? Die Antwort lautet: Ja.
Bei leidenschaftlichen Diskussionen über die Wiedereröffnung von Schulen ist es gut, einen Schritt zurückzutreten, tief durchzuatmen und zu untersuchen, was die Wissenschaft uns sagt. Um die Auswirkungen des Rauchens zu kennen, untersuchen wir Raucher. Um die Wirkung von Impfstoffen zu kennen, studieren wir die Geimpften. Um die Auswirkungen des Offenhaltens der Schulen während der Covid-19-Pandemie zu kennen, müssen wir den einzigen Ort untersuchen, an dem die Schulen während des Höhepunktes der Pandemie geöffnet blieben. Dieser Ort ist Schweden.
Schweden hat niemals Kindertagesstätten oder Schulen für seine 1,8 Millionen Kinder im Alter von einem bis 15 Jahren geschlossen. Von diesen Kindern starben null durch Covid-19. Die Gesamtzahl der Fälle ist unbekannt, aber die gemeldete Zahl liegt bei 468, das sind 25 pro 100.000. Von diesen 468 Kindern wurden acht auf einer Intensivstation hospitalisiert. Das bedeutet, dass Kinder unabhängig davon, ob Schulen geöffnet sind oder nicht, durch Covid-19 weniger gefährdet sind als durch die Grippe, an der in England und Wales jedes Jahr durchschnittlich 40-50 Kinder sterben. Im Gegensatz zur Influenza wird die Covid-19-Pandemie nicht von Schulen ausgelöst, und in Schweden hatten Lehrer dasselbe Covid-19-Risiko wie das durchschnittliche Risiko in anderen Berufen.“
Es wäre auch bei uns an der Zeit auf evidenzbasiertes Handeln umzustellen und die schädliche Angstmache aufzugeben. Vier Top-Wissenschaftler, haben das übrigens auch für Israel gefordert. Den Artikel, den sie in der führenden israelischen Zeitung Haaretz dazu veröffentlicht hatten, ist hier in der Überersetzung nachzulesen:
Mit Modell Schweden die Corona Pandemie erfolgreich beenden
Schwedischer Arzt über praktische Erfahrungen – vermutet Herdenimmunität
Oxford Studie: niedrige Schwelle für Herdenimmunität wegen vorhandener Abwehr gegen Coronaviren
Herdenimmunität gegen Coronavirus erreicht? Hinweise mehren sich