Immunität gegen SARS mit T-Zellen und Antikörpern von Erkältungs-Infektionen: so funktioniert es

3. August 2020von 7,3 Minuten Lesezeit

Seit 2003 wird mit der Entdeckung jedes neuen Virus dessen Gefährlichkeit maßlos überschätzt. Verständlich, am Anfang liegen meist wenige Daten vor und Prognosen mit falschen Eingangsparametern führen zu falschen Resultaten. Einer dieser falschen Parameter war die Vermutung der Neuheit, es komme von Tieren, sei dem menschlichen Immunsystem unbekannt, daher hoch infektiös und sehr aggressiv in Bezug auf Krankheitsverläufe und Letalität.

Dass das nicht richtig ist, kann seit Mitte März jeder wissen, der auf den renommiertesten medizinischen Wissenschaftler John P Ioannidis gehört hat. Er schrieb am 17. März 2020 in Statnews: „Selbst einige seit Jahrzehnten bekannte sogenannte milde Erkältungs-Coronaviren können Todesfälle von bis zu 8% aufweisen, wenn sie ältere Menschen in Pflegeheimen infizieren. Tatsächlich infizieren solche „milden“ Coronaviren jedes Jahr zig Millionen Menschen und machen 3 bis 11% der in den USA hospitalisierten Personen mit Infektionen der unteren Atemwege jeden Winter aus.“

Ioannidis bezog sich dabei auf eine Studie über einen Ausbruch einer Erkältungswelle im Sommer 2003 in einem kanadischen Pflegeheim. Verursacht wurde sie vom bekannten Corona-Erkältungsvirus CoV-OC43. Die Forscher waren überrascht, als sie herausfanden, dass sie die Viren sowohl mit einem PCR Test für SARS-Cov-1 als auch für CoV-OC43 identifizieren konnten. Die Ähnlichkeit musste also sehr groß sein. Auch die gefundenen Antikörper erwiesen sich als kreuzreaktiv gegen beide Viren, waren also als Waffe des Immunsystems gegen beide tauglich und erfolgreich.

Veröffentlicht wurde die Studie Ende 2006, seither weiß man also um die enge Verwandtschaft der beiden Virenarten und auch über die Gefährlichkeit bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen.

Ioannidis gab in seinem Artikel auch die Letalität von Covid-19 mit eine Spanne von 0,025 bis 0,625 Prozent an, mit einem wahrscheinlichsten Wert von 0,125 Prozent.

Immunität gegen Coronaviren

Die Fähigkeit des Immunsystems zu einer Bekämpfung von SARS-Cov-2 durch Antikörper und T-Zellen, die bei Infektionen mit einem der Corona-Erkältungsviren entwickelt wurden, wird nun in immer mehr Studien bestätigt. Die Links zu den Artikeln über die Studien zu Antikörpern und T-Zellen finden sich am Ende.

Und was schon seit März immer mehr Studien bestätigen, sind das Problem der entweder gar nicht entstehenden oder rasch wieder verschwindenden Antikörper. Gleichzeitig wurden aber auch immer mehr spezifische T-Zellen nachgewiesen, bei symptomlosen, leichten und milden Fällen sogar ohne dass Antikörper zu finden waren. Studien mit Antikörpern werden daher auch in den meisten Fällen gar nicht alle finden, die infiziert gewesen sind.

Antikörper gegen SARS-Cov-2 durch Infektion mit Corona-Erkältungsviren

Die Ergebnisse von 2003 aus Kanada werden nun insofern vielfach bestätigt, da Immunität gegen SARS-Cov-2 auch durch T-Zellen und Antikörper besteht, die durch Infektionen von normalen Coronaviren oder SARS-Cov-1 entstanden sind. Die Immunabwehr ist untereinander kreuzreaktiv. Es genügt dabei, wenn sie einzelne Merkmale der Viren erkennen, selbst wenn das nur ein Teil eines der Corona-Zacken (ein Epitop) ist.

Das haben mittlerweile mehrere Studien bewiesen. Bei Kindern fand eine englische Studie bei 62 Prozent der 6- bis 16-jährigen Antikörper und zwar sogar neutralisierende, also die wirkungsvollste Form. Kinder kommen sehr häufig über Kindergarten oder Schule mit diesen Corona-Erkältungsviren in Kontakt und deshalb halten sich offenbar auch die Antikörper länger, da häufig gebraucht. Bei Erwachsenen wurden diese Antikörper dagegen nur bei 6 Prozent gefunden.

Von den Antikörpern gibt es drei Arten, nämlich IgA, IgG und IgM und zwar in unspezifischen Form, also die allgemeine Abwehr und in spezifischer Form pro Virus. So gibt es eigene Antikörper für das Epstein-Barr-Virus oder für Zoster, die jedes Labor auch auf Krankenkasse bestimmt. Damit weiß man, ob diese Viren gerade aktiv sind, was leicht passieren kann, wenn das Immunsystem zwischenzeitlich einmal geschwächt war.

SARS-reaktive T-Zellen durch Infektion mit Corona-Erkältungsviren

Solche T-Zellen wurden nun auch schon in mehreren Studien gefunden. Und das sogar in erheblich größerem Ausmaß als Antikörper, in einer Studie sogar in 81 Prozent der Proben. Zu untersuchen wäre noch welcher Anteil der Bevölkerung über diese Art der Immunität verfügt.

Der Unterschied zu den Antikörpern ist, dass die T-Zell-Immunität lange erhalten bleibt. Bei den Menschen die mit SARS infiziert waren, sind sie jetzt nach 17 Jahren noch nachweisbar. Bei dieser Studie in Singapur  wurden auch kreuzreaktive, multispezifische T-Zellen gefunden, die von Infektionen mit anderen, unbekannten Coronaviren stammen. Das könnte insbesondere in Südostasien die deutlich geringere Zahl von Infektionen und Todesfällen erklären. Und wiederum sind es die T-Zellen und nicht die Antikörper, die für die Immunität sorgen!

Es gibt einige Arten von T-Zellen, vor allem T4 und T8, T-Helferzellen und T-Suppressorzellen. Letztere sind die Killer, erstere die Scouts und Organisatoren.

Die Untergruppe der Typ1-T-Helferzellen ist an der zellulären Immunantwort beteiligt, während die Typ2-T-Helferzellen an der humoralen Immunantwort beteiligt sind. Werden Pathogene erkannt so regulieren die T-Helferzellen sowohl die Produktion als auch die Aktivität der Killerzellen und der Antikörper hoch. Waren keine Antikörper mehr vorhanden so werden sie jetzt eiligst produziert. Die Informationen für die Erkennung von Pathogenen sind im Rückenmark gespeichert, wo die T-Zellen produziert werden. Die Vorgänge sind wie in der Biochemie üblich hochkomplex.

Der Unterschied zwischen Immunisierung durch Infektion und Impfung

Kurze Antwort: kein Unterschied. Bei der Impfung werden nach der klassischen Methode abgeschwächte oder inaktivierte Viren in den Körper eingebracht, praktisch eine ungefährliche Infektion. Das Immunsystem erkennt die Merkmale der Viren und produziert Antikörper und T-Zellen. Die gentechnischen Methoden verpflanzen Produktionsinformation in die menschlichen Zellen, die dann das produzieren (Antigene), was das Immunsystem erkennen soll um die Antikörper und T-Zellen zu erzeugen.

Abzuwarten ist, ob die so erzeugten Antikörper ebenso rasch wieder verschwinden wie nach einer richtigen Infektion. Die bisherigen Erkenntnisse zeigen aber, dass das Vorhandensein von T-Zellen ausreichen sollte. Der Beweis für das Funktionieren eines Impfstoffes wird letztlich sein, wie geimpfte Testpersonen auf eine Infektion reagieren. Keine bis ganz leichte Symptome sind das erwartete und erwünschte Ergebnis.

Immunität kann natürlich auch ein nicht vorbereitetes Immunsystem erzielen, so es entsprechend stark ist und über die notwendigen Mittel verfügt wie Eiweiß, Vitamine und Mikronährstoffe (zB Zink). Werden nach einer Infektion keine Antikörper beobachtet, was doch relativ häufig bei symptomlos Infizierten der Fall ist, so ist das Immunsystem mit dem Virus so rasch fertig geworden, dass gar keine Antikörper mehr gebildet werden mussten. Es hat die natürliche, angeborene Immunreaktion ausgereicht.

Egal wo die Immunität herkommt – ob von einer Impfung, einer Infektion oder einem starken Immunsystem – wird eine Erkrankung verhindert, die Viren rasch deaktiviert und vernichtet und in aller Regel gibt es keine Ansteckungsgefahr. Wäre es anders, hätte eine Impfung zum Beispiel gegen Masern keinen Sinn.

Noch ein Wort zum PCR-Test

Vereinfacht gesagt, vervielfältigt der Test bestimmte, das Virus eindeutig kennzeichnende Abschnitte der RNA aus einer Probe, indem er sie zuerst in ein Stückchen DNA übersetzt, diese dann mit einer fluoreszierenden Chemikalie markiert, um sie nach einer endlichen Anzahl an Vervielfältigungszyklen mit einer speziellen Apparatur optisch auswerten zu können. Der Test ist hochsensibel und kann schon geringste Mengen des gesuchten RNA-Fragments in einer Probe nachweisen. Der Erfinder des Verfahrens, Kary Mullis, hat hierfür 1993 den Chemienobelpreis erhalten.

Der Test kann keine intakten Viren nachweisen. Vor allen Dingen kann er nicht nachweisen, ob jemand am Virus erkrankt ist oder erkranken wird und noch weniger ist er im Stande nachzuweisen, ob jemand erkrankt war.

Fragmente von Viren kann man im Schnitt 17 Tage und maximal 83 Tage nach Infektion nachweisen. Infektiosität ist aber nur für 6 bis maximal 9 Tage gegeben. Der Test ist also ungeeignet Auskunft darüber zu geben, ob durch die getestete Person noch jemand anderer infiziert werden kann.

Die bloße Existenz des Virus, erst recht nur eines spezifischen Bruchstückes seiner RNA im Rachen- oder Nasenabstrich, sagt nichts über den Zustand des Probanden, bei dem die Probe genommen wurde. Der Test ist also für eine klinische Diagnose wertlos, da er keinerlei Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand zulässt.

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Bild von kalhh auf Pixabay

 

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