Coronavirus Mysterium: warum Kinder weniger betroffen sind

21. Juni 2020von 2,7 Minuten Lesezeit

Im Laufe der vergangenen Monate hat sich immer deutlicher gezeigt, dass Kinder wenig bis gar nicht betroffen sind. Dies zeigt sich auch bei der geringen Zahl an Erkrankungen mit einem Median-Alter von 20 gegenüber 43 in Europa. Eine in Nature veröffentlichte Studie bringt Licht ins Dunkel.

Kinder zeigen weniger Empfänglichkeit für Ansteckung und im Falle der Ansteckung geringe oder gar keine Symptomatik. Umgekehrt sind ältere und vor allem Menschen mit chronischen Krankheiten wesentlich mehr gefährdet sich anzustecken und auch zu erkranken. Ähnliches wurde auch schon bei SARS1 im Jahr 2003 beobachtet.

Geringere Ansteckung und weniger Symptome trotz engerer Kontakte

Kinder haben in der Regel mehr und engere Kontakte untereinander als ältere Menschen. Deshalb wird Schließung von Kitas und Schulen als Mittel angesehen, die Ausbreitung der Infektion einzugrenzen. Das funktioniert auch gut bei Grippe. Das trifft auf das aktuell grassierende Coronavirus nicht oder nur begrenzt zu.

Die Forschergruppe um Rosalind M Eggo vom Department of Infectious Disease Epidemiology, London School of Hygiene & Tropical Medicine hat die Ausbreitung des Virus in China, Italien, Japan, Singapur, Kanada und Südkorea untersucht und mathematisch modelliert.

Auf Basis der Daten zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung bei Personen unter 20 Jahren nur halb so groß ist wie darüber. In der Altersgruppe zwischen 10 und 19 zeigen sich nur bei 21 Prozent der Infizierten Symptome. Dieser Anteil steigt dann mit zunehmendem Alter bis auf 69% bei über 70-jährigen.

Dementsprechend niedrig ist auch der Einfluss von Maßnahmen betreffend Kinder zur Eindämmung der Verbreitung des Virus.

Mögliche Ursachen

Die reduzierte Wahrscheinlichkeit der Ansteckung von Kindern kann mehrere Ursachen haben. Der eine Grund kann die Kreuzimmunität durch Infektion mit anderen Coronaviren sein. Da Kinder den verschiedenen grassierenden Viren, seien es Influenza- oder die anderen Coronaviren, öfter ausgesetzt sind als Erwachsene. kann dies auch zu einer unspezifischen Immunität beitragen.

In Österreich meldete das Land Tirol am 28. Jänner 2020 etwa, dass in den Volksschulen von Vomperbach und Schönberg ein Drittel bis zur Hälfte der Kinder an Grippe erkrankt waren. Die Schulen wurden daher kurzfristig geschlossen. Ähnlich Meldungen gab es aus Bayern, wo es ebenfalls Schulschließungen gab. Allein in der zweiten Meldewoche seien 532 neue Influenza-Fälle gemeldet worden.

Ähnliche Ergebnisse aus Hamburg

In der Hansestadt haben bereits 1 bis 2 % aller Kinder und Jugendlichen Antikörper gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 im Blut. Dies zeigt eine Zwischen­auswertung der Studie „C19.CHILD Hamburg“, die seit dem 11. Mai an allen Kinder­kliniken der Stadt und am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt wird. Die Nasen-Rachen-Abstriche auf Virusgene sind bisher alle negativ ausgefallen.

Im Rahmen der Studie werden zur Zeit bei 6.000 gesunden und chronisch kranken Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 18 Jahren Virusnachweise in Nasen-Rachen-Abstrichen und Blutuntersuchungen auf Antikörper durchgeführt. Bis zum 5. Juni wurden 3.107 Abstriche entnommen. Virusgene wurden in keinem Fall nachgewiesen.

Unter den 2.436 Antikörpertests gab es 36 positive Ergebnisse. Dies ergibt einen Anteil von 1,48 %. Unter Berücksichtigung der Genauigkeit des Tests und der Größe der Studienkohorte gehen die Forscher davon aus, dass in Hamburg etwa 1,2 bis 1,5 % der Einwohner im Alter von unter 18 Jahren Kontakt zum Virus hatten. Der Anteil liegt damit deutlich über den bestätigten Fällen.

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