Virologe Hendrik Streeck rechnet nicht mit 2. Welle und bestätigt Richtigkeit der Heinsberg Studie

28. Mai 2020von 3 Minuten Lesezeit

Um die Heinsberg Studie des Bonner Virologie-Professors Hendrik Streeck gab es Streit, der sich zunächst an der Form der Präsentation festmachte. Tatsächlich passte der Inhalt aber nicht ins Konzept des virologisch politischen Mainstreams. Nach der den Usancen genügenden Veröffentlichung als Preprint, gab es noch verschiedentlich inhaltliche Kritik.

In einem Interview mit dem „Bonner Generalanzeiger“. betont Streeck, dass es keinen Rechenfehler gab. Die Studie halte Fachleuten stand und finde weltweit große Beachtung. Wenn aber ein Redakteur einen Rechenfehler in einer Rechnung finde, die es in der Studie nicht gab, sondern in den Medien so interpretiert worden sei, „dann ist das fast kafkaesk“, so der Wissenschaftler.

Dass es nun in der öffentlichen Diskussion eher darum gehe, wie die Studie präsentiert wurde, als um die Studie selbst, bedauert er. Für Streeck selbst war die Heinsberg-Studie „eine Chance“: Er sei der Virologe, der die meisten Patienten gesehen habe, die an COVID-19 erkrankt sind. „So habe ich gelernt, das Virus besser einzuschätzen. Ich habe den Respekt vor dem Virus und den schweren Verläufen gelernt, aber auch die andere, die harmlose Seite der Erkrankung gesehen. Zum Beispiel unsere Beschreibung der milden Fälle und deren Verlauf“, sagt er.

Aus den Erfahrungen nach Veröffentlichung der Studie habe er sehr viel gelernt. Er sei deswegen auch vorsichtiger geworden. Ratschläge, wie man in der Pandemie verfahren soll, will der Wissenschaftler keine mehr erteilen. „Die Entscheidung zur Normalität ist eine, die mittlerweile ganz weggerückt ist von der Virologie. Solche Entscheidungen müssen auf ganz anderer Ebene getroffen werden“, so Streeck.

Keine zweite Welle der Pandemie

Die zweite Welle ist auch ein immer wiederkehrendes kontroverses Thema. Kritiker der strengen Regelungen wie dem Lockdown werfen der Politik vor die Warnungen vor einer zweiten Welle zur Rechtfertigung zu verwenden und um Angst und Panik zu schüren. Viele Expertengehen aber davon aus, dass die Pandemie weitgehend vorüber ist,wie etwa die britische Epidemiologin Sunetra Gupta.

Auch Streeck erwartet für Deutschland keine zweite Corona-Welle. Viel wahrscheinlicher sei es, dass es zu Hotspot-Ausbrüchen kommen werde. Diese würden dann von den örtlichen Gesundheitsämtern eingedämmt, so der Forscher. Eine Welle hingegen bedeute ja, dass einen etwas überrollt: „Ich glaube nicht, dass wir so ein Phänomen sehen werden“, sagt der Autor der Heinsberg-Studie im Interview.

Wir können das Virus nicht austreiben, dafür ist es zu spät“, ist der Wissenschaftler realistisch. Man müsse vielmehr darüber nachdenken und Strategien entwickeln, wie man mit dem Virus weiter umgehen kann.,Gesellschaftlich sei für ihn die beste und fairste Strategie, darauf zu schauen, was die Intensivkapazitäten in jeder Region sind – damit jedem Menschen eine optimale Versorgung zugutekommen kann.

Das Schwierige daran ist, dass sich SARS-CoV-2 zehn bis 14 Tage Zeit nimmt, bevor der Erkrankte Symptome entwickelt“, so der Virologe Heinsberg. Daher müsse man eine Kenngröße entwickeln, die es noch nicht gebe, „zum Beispiel das Verhältnis der gemessenen Fälle durch Stichproben zur Intensivkapazität“.

Die Frage ist aber, ob das Virus endemisch, also bei uns heimisch, wird und wir immer in den Herbst- und Wintermonaten solche Infektionen sehen. Dann ist die Frage, ob man nicht eine Teilimmunität erreichen will, gerade in den wärmeren Monaten, wo weniger Viren übergeben werden und eine Infektion mit asymptomatischem Charakter wahrscheinlicher ist“, so der Forscher.

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