A22 bei Stockerau: Ausbau oder Tempo 80

31. Dezember 2019von 2,7 Minuten Lesezeit

Die Politik ist bisher einem einfach gestricktem Muster gefolgt: Sind bei einer Straße oder Autobahn die Grenzen der Kapazität erreicht, so wird ausgebaut. Es kommen Fahrspuren dazu, wie etwa für die A22 bei Stockerau geplant, oder es wird gleich eine ganz neue Autobahn gebaut wie etwa die Transitautobahn durch das Wald- und Weinviertel. Nicht ausgebaut wird dagegen der öffentliche Verkehr bzw die Bahn.

Es gibt jedoch auch ein einfaches Mittel um die Kapazität einer Straße und Autobahn zu erhöhen: nämlich die Beschränkung des Tempos. Aus der mathematischen Disziplin der Warteschlangentheorie lässt sich errechnen bei welcher Geschwindigkeit die maximale Anzahl an Fahrzeugen passieren kann. Das Ergebnis für die optimale Geschwindigkeit lautet 70 bis 80 kmh.

Mathematik über Durchsatz

Dargestellt ist das im Fundamentaldiagramm des Verkehrsflusses (siehe unten). Im mittleren Diagramm wird Qmax, die maximale Anzahl von Fahrzeugen, bei Vc, der optimalen Geschwindigkeit erreicht, und zwar bei gleicher Geschwindigkeit für alle Fahrzeuge. Schon daraus ergibt sich, dass 80 kmh auf Autobahnen optimal ist, da diese Geschwindigkeit auch von LKW gefahren werden kann und soll.

Fundamentaldiagramm

Credit: Von Hendrik Ammoser – H.A. Dresden, GFDL, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=57842127

Da der Luftwiderstand mit dem Quadrat der Geschwindigkeit steigt, ist Tempo 80 auch für den Verbrauch sowie die Emission von CO2, Schadstoffen und Feinstaub erheblich günstiger als eine höhere Geschwindigkeit. Bei Tempo 80 reduziert sich im Vergleich zu Tempo 100 der Ausstoß von Stickoxiden um 15 Prozent und der Kraftstoffverbrauch um fünf Prozent – zusätzlich fällt der Lärmpegel um zwei Dezibel. Das entspricht einer empfundenen Reduktion des Pkw-Aufkommens von rund einen Drittel. Eine Reduktion des Lärms um 3 dB wird als Halbierung empfunden.

Die Vorteile von Tempo 80

Im Vergleich zu Tempo 130 stößt ein Pkw bei Tempo 100 rund ein Fünftel weniger Stickoxide und rund ein Zehntel weniger Feinstaub aus. Auch die CO2-Emissionen und der Treibstoffverbrauch sinken im Vergleich zwischen Tempo 100 und Tempo 130 um rund zehn Prozent.

Ein weiterer Vorteil von Tempo 80 gegenüber 130 ist die drastische Reduktion der Unfallgefahr. Auf der Donauuferautobahn A22 kommt es fast einmal im Monat zu einem schweren Unfall, zuletzt am 3. Dezember 2019 in Höhe Langenzersdorf und am 10. Dezember bei Stockerau. Die Folge waren jeweils Mega-Staus mit Wartezeiten um eine Stunde sowie völlig verstopfte Bundesstraßen und Zufahrten. Beide Unfälle wären bei Tempo 80 vermutlich nicht passiert.

Geringer Unterschied in der Fahrzeit

Der Unterschied zwischen Tempo 80 und 130 in der Fahrzeit zwischen dem Westen von Stockerau und der Landesgrenze bei Strebersdorf sind nicht einmal 4 Minuten – freie Fahrt mit 130 vorausgesetzt, was zumindest in Stoßzeiten alles andere als realistisch ist. Kommt noch ein Unfall dazu, so hat man mehr Fahrzeit pro Monat als mit Temporeduktion, dank der der Unfall ausbleibt.

Unter dem Strich löst Tempo 80 das Problem des Ausbaus, und

  • reduziert den Lärmpegel
  • sowie Schadstoff- und Feinstaub-Belastung für lärmgeplagte Bewohner und die Natura 2000 Gebiete des Bezirks Korneuburg,
  • verringert den Spritverbrauch und
  • den CO2 Ausstoß.

Das ist eine klare Win-Win-Win Situation. Die eingesparten 80 bis 300 Millionen Euro können sinnvoll in den Ausbau von Bahn und Bus, sowie für Lärmschutzmaßnahmen eingesetzt werden.

Titelbild: Image by John H. from Pixabay

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